Bilder von Carl Näher | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

330.000 Bilder des Fotografen Carl Näher dokumentieren Reutlinger Stadtgeschichte

Stand: 10.12.14 17:01 Uhr

Das Stadtarchiv Reutlingen besitzt eine der großen kommunalen Fotosammlungen in Baden-Württemberg. Die Aufnahmen des selbstständigen Fotografen Carl Näher bilden mit mehr als 330.000 Einzelbildern einen umfassenden Bestand aus Archivmaterial. Nach einer ersten Erschließungsmaßnahme stehen jetzt mehr als 90.000 Einzelbilder aus den 1930er bis in die 1970er Jahre für die Öffentlichkeit bereit. Eine kleine Auswahl gab es jetzt schon im Reutlinger Rathaus zu sehen.


Carl Näher – hier auf einem Selbstportrait aus dem Jahre 1936. 1929 hat sich der damals 28jährige selbstständig gemacht und sein eigenes Geschäft am Weibermarkt in Reutlingen eröffnet. Gestorben ist der Fotomeister im Jahr 1981 in Reutlingen. Bis dahin hat Näher das Geschehen in der Stadt, in der Region, aber auch das kulturelle Leben auf Polaroid festgehalten. Hanne Grunert, die die Fotosammlung bearbeitet hat, erzählt:

Gerade in den 30er und in den 40er-Jahren, also für die Zeit des Nationalsozialismus, für die Vorkriegszeit und Nachkriegszeit gäbe es natürlich ganz wichtige Aufnahmen zur Stadtgeschichte in diesen Beständen.

So zum Beispiel von der Amtseinführung des damaligen Oberbürgermeisters Richard Dederer von der NSDAP 1933. Einen Namen machte sich Näher allerdings durch seinen Einsatz als Reportagefotograf. Zu seinem Repertoire gehörten unter anderem Stadtansichten wie hier das Reutlinger Gartentor mit der Marienkirche oder auch dieses Bild vom Bau der Friedrich-List-Halle 1938. Dazu kamen aber auch Firmenportraits oder Postkartenmotive, so Grunert weiter.

Er hätte künstlerische Ambitionen bei seiner Arbeit. Das könne man durchaus sagen. In den Nachkriegsjahren wüssten sie auch, wie eng er mit einigen Reutlinger Künstlern wie Grieshaber zum Beipsiel, zusammengearbeitet hätte. Er wäre darüber hinaus der Fotograf des Theaters "Die Tonne" gewesen (...) Eine bekannte Persönlichkeit in Reutlingen zu seiner Zeit.

Mitte der 50er-Jahre eröffnete Näher eine zweite Filiale mit großem Studio in der Karlstraße 22. In der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs der folgenden Jahre konzentrierte er sich zunehmend auf Werbefotografie. Heute liegen dem Reutlinger Stadtarchiv etwa 330.000 Glasplatten, Planfilme und Kleinbildfilme vor. Alles aufgelistet in seinen Auftragsbüchern. Roland Brühl, stellvertretender Leiter des Stadtarchivs geht näher auf eine Fotoserie ein:

Hier hätte man eine kleine Fotoserie von Tragflügelproduktion der V1, der Vergeltungswaffe, die in Betzingen bei der Firma Heim produziert würde (...) Erstaunlich sei auch, dass auch immer wieder Zwangsarbeiter mit abfotografiert würden (...) Es sei eine sehr seltene Fotoserie, die in der Form wahrscheinlich deutschlandweit so nicht mehr vorläge. Und man könne abschätzen, wie die einzelnen Produktionsabläufe in der Firma genau gewesen seien.

Seit Mitte der 80er-Jahre sind die Archivaten des Reutlinger Stadtarchivs bereits damit beschäftigt, den Nachlass von Carl Näher zu sichten, zu bewerten und zu verabeiten. Ein Großteil ist geschafft und für die Öffentlichkeit im Reutlinger Rathaus zugänglich. Rund fünf Jahre soll es aber wohl noch dauern, bis alles durchgearbeitet ist. Finanziell gefördert werden die Erschließungsarbeiten durch die Stiftung Kulturgut des Landes Baden-Württemberg.

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