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Tübingen:

Alles ganz anders - Russischer Botschafter verteidigt Krim- und Ukraine-Politik

Stand: 10.12.14 10:37 Uhr

Vor allem die sogenannte westliche Welt ist sich einig: Russland hat mit der Annexion der ukrainischen Krim Völkerrecht gebrochen und destabilisiert bewusst auch die Verhältnisse in der Ost-Ukraine. Der russische Präsident Putin bestreitet das. Er wirft hingegen Amerika, der NATO und der EU vor, ihren Einfluss immer stärker in Richtung Russland auszuweiten. Zudem hat er letzte Woche erklärt, die Halbinsel Krim habe eine"heilige Bedeutung" für Russland, ähnlich wie der Tempelberg in Jerusalem für die Juden. Eine brandaktuelle Kontroverse, die natürlich auch beim Besuch des russischen Botschafters in Tübingen ein Thema war.


"Deutsche und Russen, die gehören zusammen und wären gut beraten, zusammen zu agieren", lautet der Eintrag des russischen Botschafters Grinin ins Goldene Buch der Stadt. Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Europa und Russland wollte Grinin offenbar für Verständigung werben. Ein schwieriges Unterfangen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte klar gemacht: Die Annexion der Krim sei Völker-rechtsbruch und durch nichts zu entschuldigen. Russland stelle mit seinem Vorgehen die europäische Friedensordnung von 1945 in Frage. Eine Auffassung die das offizielle Russland offenbar nicht teilt: Man habe immer dafür gekämpft, so Wladimir Michailowitsch Grinin, dass in Europa eine "Architekur der unteilbaren und gleichen Sicherheit für alle" bestehe. Die Ursache für die Krisensituation liege in der Tatsache, dass nach dem Ende des Kalten Krieges eine solche Friedensordnung nicht geschaffen worden sei, erklärte der russische Botschafter.

Allerdings hatte sich Russland damals vertraglich verpflichtet, die territoriale Integrität der Ukraine zu garantieren. Trotzdem hält auch Grinin daran fest, dass die Annexion der Krim ein völlig rechtmäßiger Vorgang gewesen sei. Dass andere osteuropäische Staaten jetzt in Sorge vor der russischen Außenpolitik sind, ist für Grinin nicht hinnehmbar – Russland bedrohe niemanden. In gewissem Sinne sei das ein Versuch von den Problemen, die in diesen Staaten herrschten, abzulenken, so Grinin. Im Baltikum beispielsweise gäbe es so genannte Nichtbürger. In Lettland und Estland betrüge ihr Anteil ein Drittel. Mit den Nichtbürgern seien Russen gemeint. Dieses Problem müsse irgendwie gelöst werden, schließt der russische Botschafter.

Neben Oberbürgermeister Boris Palmer wünschen sich viele Menschen vor allem eine friedliche Lösung für den Konflikt in der Ostukraine: "Die Sorge, dass wir in Europa wieder Kriegen näher kommen, die teilen glaube ich viele. Und ich habe dem Botschafter diese Sorge der Menschen in unserer Stadt zu bedenken mitgegeben. Dass wir hoffen, dass Konflikte in Europa, friedlich beigelegt werden können", erklärte das Tübinger Stadtoberhaupt. Die sicherste Grundlage aus Sicht von Wladimir Michailowitsch Grinin sei der Minsker Friedensplan, den Präsident Putin und Präsident Poroschenko eingeleitet hätten. Aber dieser müsse jetzt auch wirklich eingehalten werden, forderte der russische Botschafter.

Allerdings wird Russland von den westlichen Staaten vorgeworfen, den Minsker Friedensplan eben nicht einzuhalten. Russland hingegen, stellt sich als Opfer des Westens dar. Russland, schilderte Grinin, verstehe und respektiere die Existenz der NATO und der Europäischen Union. Aber Nachbarn, wie Russland, dürften nicht vergessen werden. Sie müssten in irgendeine Ordnung miteingeflochten werden. Und zwar in eine gleichwertige. Die russische Vision nach Grinin: eine Eurasische Union, die mit der Europäische Union auf Augenhöhe stehe. Die Sanktionen gegen Russland seien falsch. Denn sie beschädigten kontinuierlich auch das Vertrauen zwischen Europa und Russland. Er wünsche und hoffe, so Grinin, dass der "Faden des Dialogs nicht abreiße".

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