„Erst wenn die Rüstungslieferungen in Drittstaaten, in Konfliktregionen und in Länder mit einer bedenklichen Menschenrechtssituation signifikant und anhaltend zurückgehen, ist die angekündigte Kehrtwende in der Rüstungsexportpolitik, die wir immer wieder gefordert haben, umgesetzt." So bewertete Prälat Karl Jüsten, der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) die aktuelle deutsche Rüstungsexportpolitik bei der Vorstellung des diesjährigen Rüstungsexportberichtes der GKKE in Berlin. Er begrüßte dagegen die deutlich gewachsene Transparenz, insbesondere die zeitnähere Berichterstattung der Bundesregierung, sowie die Informationen über positiv beschiedene Genehmigungenim Bundessicherheitsrat gegenüber dem zuständigen Bundestagsausschuss. In ihrem Rüstungsexportbericht 2014 würdigt die GKKE den erheblichen Rückgang von Kleinwaffengenehmigungen an Drittstaaten von 18 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013 auf 1,4 Millionen Euro im entsprechenden Zeitraum 2014.
Dass ein Politikwechsel möglich sei, zeige der Widerruf der Ausfuhrgenehmigung für die Lieferung eines Gefechtsübungszentrums nach Russland bzw. der Stopp von dessen Auslieferung im August 2014. Nicht hinnehmbar sei hingegen, dass mit 63 Prozent der Anteil von Liefergenehmigungen an Drittstaaten außerhalb von EU und NATO ein Rekordhoch erreicht habe – gemäß den Zahlen vom ersten Halbjahr 2014. Besondere Sorgen bereite die weiter steigende Bedeutung nordafrikanischer Staaten und von Ländern aus dem Nahen und Mittleren Osten als Abnehmer deutscher Rüstungsgüter, wie beispielsweise die weitere Umsetzung der Genehmigung einer Produktionsstätte für Fuchspanzer in Algerien.
Die Gefahr bestehe, aus ökonomischen Erwägungen heraus, etwa wegen besserer Absatzchancen auf dem Weltmarkt oder wegen der Sorge um den Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland, Waffenlieferungen zu genehmigen, die der politischen Klugheit und Ethik widersprechen, kommentierte Prälat Dr. Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der GKKE, die Debatte um die Bedeutung der deutschen Rüstungsindustrie. „Rüstungsexporte müssen zuerst unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, welche Auswirkungen sie für die Menschen in den Empfängerländern, für die Stabilität in den betroffenen Regionen, für die Sicherheit Deutschlands oder sogar für deutsche Soldaten in Auslandseinsätzen haben", so Dutzmann weiter.
Eine Europäisierung der Rüstungsindustrie wäre ein wichtiger Schritt, um die Abhängigkeit europäischer Rüstungsunternehmen vom Export an Drittstaaten zu verringern, führte Jan Grebe, Vorsitzender der Fachgruppe Rüstungsexporte aus. Es gelte, eine Konsolidierung der Industrie voranzutreiben, die besonders bei Landsystemen erhebliche Überproduktionskapazitäten aufweise. Er forderte, den Überprüfungsprozess des Gemeinsamen Standpunktes der EU, der 2011begonnen hat, endlich zu einem Abschluss zu bringen, und so die Rüstungsexportkontrolle auf europäischer Ebene zu stärken.
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