Ausstellung "Ärzte, Bader und Barbiere" | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

"Ärzte, Bader und Barbiere" - Medizinische Versorgung zwischen Mittelalter und Moderne

Stand: 08.12.14 20:41 Uhr

Wenn die Rede von der Pest ist, denken viele sofort an die verheerende Seuche, die im Mittelalter in Europa grassierte und geschätzt 25 Millionen Todesopfer gefordert hat. Aber auch heutzutage infizieren sich laut Weltgesundheitsorganisation noch immer 1000 bis 2000 Menschen jährlich mit dieser Krankheit. Auf Madagaskar ist sie jüngst wieder ausgebrochen - die traurige Bilanz bis Ende November: fast 50 Tote. Dennoch sind die Überlebenschancen der Erkrankten heute so gut wie nie zuvor - dank bessere Behandlungsmethoden. Einen kleinen Überblick über die medizinische Versorgung zwischen Mittelalter und Moderne gibt die neue Ausstellung "Ärzte, Bader und Barbiere" im Reutlinger Heimatmuseum.

Das typische Bild eines Arztes im späten Mittelalter: der studierte Mann begutachtet den Urin eines Patienten. Denn dessen Farbe verrät dem Mediziner, von welchem der vier Säfte zu viel oder zu wenig im Körper ist.

Man sei davon ausgegangen, dass die ganze Welt aus vier Elementen bestehe: Erde, Wasser, Luft und Feuer und das im Menschen diesen vier Elementen vier Säfte zugeordnet seien, erklärt Eva Bissinger, die Kuratorin der Ausstellung. Der Mensch bestehe also überwiegend aus Blut, Schleim, schwarzer Galle und gelber Galle und diese vier Säfte lägen in jedem Menschen in einer unterschiedlichen Kombination vor und der Mensch werde dann krank, wenn diese Kombination aus den Fugen gerät, wenn von einem Saft viel zu viel vorhanden sei oder viel zu wenig. Die Aufgabe der Ärzte sei es dann gewesen, durch Diäten oder durch Medikamente oder durch ausleitende Verfahren, also zum Beispiel Ausleiten des Urins, das Gleichgewicht der Säfte wieder herzustellen.

Am besten war natürlich auch damals die Vorsorge, etwa durch den regelmäßigen Besuch beim Bader in seiner Badstube. Ein eigenes Badezimmer zu Hause, das gab es nicht. Aber das Baden – so die gängige Meinung – befördere das Gleichgewicht der Säfte.

Zum Beispiel wenn man sehr heiß bade oder in einem Schwitzbad, also in einer Sauna, sitze, dann kämen die überflüssige Säfte nach draußen. Man habe den Badewannen auch Zusätze zugeführt, die der Gesundheit dienen sollten, die das Gleichgewicht der Säfte herstellen sollten und man habe im Bad auch geschröpft, weiß Bissinger. Man habe also die Haut eingeritzt und dann Glas oder Tonkolben draufgesetzt die erhitzt worden waren. So sei Blut ausgetreten von dem man auch gedacht habe, es würde die überflüssigen Säfte zwischen Fell und Fleisch, also zwischen Haut und Fleich rausziehen und damit dem Menschen dienlich sein.

Bei Zahnschmerzen, offenen Wunden oder einem Blasenstein, ging man zum Barbier. Die Barbiere waren die Wundärzte der damaligen Zeit und für Operationen zuständig. Sie lernten ihr Handwerk – wie die Bader – in zwei bis drei Jahren Berufsausbildung. Im 19. Jahrhundert wurden ihnen ihre Aufgaben aber nach und nach verboten, denn die medizinische Ausbildung wurde mehr und mehr akademisiert.

Trotz allem müsse man aber sagen, dass die handwerklich ausgebildeten Wundärzte erstaunlich hohe anatomische Kenntnisse gehabt hätten, so Bissinger und vieles was sie gemacht hätten, wie sie operiert hätten, viele Vorgänge würden wir heute noch sehr ähnlich machen, nur eben mit besseren Instrumenten, unter hygienischeren Bedingungen, mit Schmerzmitteln, mit Narkosen, das seien Dinge, die man damals noch nicht gekannt habe.

Ein weiteres Rädchen im Getriebe der medizinischen Versorgung waren und sind die Hebammen, ebenso wie die Apotheker. Wenn sie im Ausstellungstitel "Ärzte, Bader und Barbiere" auch nicht gesondert erwähnt sind, so sind ihnen doch einzelne Kapitel gewidmet. Ein Ausflug in die Geschichte der Medizin ist im Reutlinger Heimatmuseum noch bis zum 8. Februar 2015 möglich.

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