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Umschwenken auf Zell- und Organkulturen gefordert - Tierversuchszahlen sind 2013 leicht gesunken; nicht aber bei den gentechnischen Veränderungen

Stand: 01.12.14 23:32 Uhr

01.12.2014. Im Zeitraum von 2012 bis 2013 sanken die Versuchstierzahlen leicht um 1,7 Prozent auf insgesamt 2.997.152 Tiere. Das teilten die Orgaisationen Menschen für Tierrechte, Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. und das Gen-ethisches Netzwerk und Testbiotech in einer gemeinsamen Presseerklärung mit.Die Zahlen wurden der Pressemitteilung zufolge am heutigen 01. Dezember 2914 in der aktuell erschienenen Bundesstatistik des Bundeslandwirtschaftsministeriums veröffentlicht. Allerdings sei gegenüber dem Vorjahr die Zahlen der gentechnisch veränderten Tiere abermals um 1,4 Prozent um 13.166 auf 947.019 Tiere gestiegen. Mehr als 95 Prozent der transgenen Tiere seien genmanipulierte Mäuse.Gemeinsame Pressemitteilung

Der Zweck der Genmanipulation sei in der Statistik zwar nicht aufgeführt, anhand der Veröffentlichung wissenschaftlicher Artikel und Pressemitteilungen zufolge seien es sogenannte „Krankheitsmodelle" und genetische Manipulationen zu Zwecken der Stoff-wechselmechanismuserforschung, die vor allem in der Grundlagenforschung durchgeführt werden.

Transgene Tiere sind gentechnisch veränderte Organismen, bei denen eigene Gene ausgeschaltet („knock-out"), herunter reguliert wurden („knock-down") oder denen artfremdes genetisches Material ins eigene Genom integriert wurde („knock-in"). Durch moderne Methoden – sogenannte Genscheren – geht das heute außerordentlich schnell.

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte weist darauf hin, dass die Anzahl transgener Tiere noch weitaus höher ist, da nur die Tiere gezählt würden, bei denen die Genmanipulation geklappt habe und die dann in weiteren Tierexperimenten eingesetzt wurden. Bei der Erstellung neuer genmanipulierter Linien würden Tausende überzählige Tiere „entsorgt", die in keiner Statistik auftauchen.

Auch werde die Vielzahl misslungener Versuche sowie „Vorratstiere" bei Züchtern und Laboren nicht erfasst. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte kritisierte, dass dem enormen Tierverbrauch in der Gentechnik noch immer keine Strategie entgegengesetzt werden könne.

„Mit der Entwicklung von Body-on-a-chip-Modellen, die zunehmend auch mit Zell- und Organkulturen genutzt werden können, die das zu untersuchende Krankheitsphänomen ausbilden, sei hier eine Perspektive in Sicht, deren beschleunigte Unterstützung wir mit Nachdruck einfordern", betont Dr. Kurt Simons, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte.

Ein Bündnis von Organisationen, denen neben Tierrechtsorganisationen auch das Gen-ethische Netzwerk und Testbiotech angehören, hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt den Angaben zufolge  im Juli in einem offenen Brief aufgefordert, "mit gesetzlichen Vorgaben für den Schutz der genetischen Integrität der Tiere zu sorgen und kurzfristig wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um den Verbrauch an Versuchstieren einzudämmen."

Die aktuellen Tierversuchszahlen basieren den Angaben zufolge wie in den Jahren zuvor im Wesentlichen auf einem hohen Anteil von Mäusen, der zwar gegenüber dem Vorjahr um knapp 1,95 Prozent auf 2.199.671 Tiere abgenommen habe, damit jedoch mehr als 73 Prozent aller Versuchstiere in der Statistik ausmache. Es folgen den Angaben zufolge 12,5 Prozent Ratten (375.656), 7 Prozent Fische (39.019), 3,2 Prozent Kaninchen (95.653), nicht näher bezeichneten Vogelarten (41.169) und Meerschweinchen (24.572).

In 2013 seien 1.000 Meerschweinchen mehr als 2012 verbraucht  worden (24572/23599). Sie seien vor allem in toxikologischen und anderen Sicherheitsprüfungen (naheliegend seien Impfstoff-Chargenprüfungen) sowie zur Aus-und Weiterbildung eingesetzt worden. Der Anstieg der Verbrauchszahlen von Fischen (166.396/202685) und Amphibien (9509/12705) sei  auf überwiegend toxikologische Tests zurückzuführen.

Auch ein Anstieg von Alt- und Neuweltaffen sei festzustellen: Die Zunahme gehe im Wesentlichen auf einen erhöhten Verbrauch von Altweltaffen (Javaner und Rhesusaffen) zurück: "Etwa 400 Tiere wurden hier in der Kategorie „sonstige Zwecke" verbraucht."

Die Anzahl der Schweine sei dagegen gesunken (16310 auf 12863) und beruhe überwiegend auf einem Rückgang in der Kategorie Krankheitsdiagnostik. Das Interesse an transgenen Schweinen habe jedoch nicht abgenommen (Anstieg von 122 auf 174).

Seit langem werde, so die Pressemitteilung, auch ein Verbot der Patentierung von Tieren gefordert, da über Patente ein Anreiz geschaffen werde, Tierversuche auch aus rein wirtschaftlichen Motiven durchzuführen:

"Dies hat sich leider wieder am Anstieg der Tierversuchszahlen bestätigt. Bisher gab es auf dieses Schreiben noch keine Antwort aus dem Ministerium. Das Europäische Patentamt hat bereits mehr als 1.500 Patente auf Tiere erteilt, unter anderem sogar auf Schimpansen, die mit synthetischen Genen manipuliert wurden. Dadurch entsteht ein zusätzlicher wirtschaftlicher Anreiz, immer noch mehr Tierversuche durchzuführen. Die Politik muss sich endlich ihrer moralischen Verantwortung stellen", sagt Christoph Then von Testbiotech.

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