Goldglanz des Mittelalters: ein Bild vom Paradies in der Stiftskirche
Das wissen nicht viele: In der mächtigen Stiftskirche des Klosters Großcomburg bei Schwäbisch Hall haben sich zwei absolute Kostbarkeiten aus dem Mittelalter erhalten. Der riesige Radleuchter, vor 900 Jahren entstanden, war für den Auftraggeber Abt Hartwig ein Bild vom Paradies. Und das goldfunkelnde Antependium, eine Altarverkleidung mit Edelsteinen und Emaille-Arbeiten, ist das feinste, was sich in Baden-Württemberg an Goldschmiedearbeit aus jener Zeit erhalten hat. Die Großcomburg, eindrucksvolle Klosterburg auf einem Hügel im Kochertal, öffnet in diesem Jahr zum ersten Mal an den Adventssonntagen und bietet jeweils um 11 Uhr eine Führung zu diesen Schätzen an.
Der grösste und besterhaltene Radleuchter
Schon vor 900 Jahren gab es nur ganz wenige, erhalten haben sich insgesamt vier solcher monumentaler Metallkunstwerke. Der Comburger Radleuchter gehört zu den kostbarsten Kunstschätzen in Baden-Württemberg – und darüber hinaus. Schon das Format ist eindrucksvoll. Die Lichtkrone mit ihren 48 Kerzen hat einen Durchmesser von 5 Metern und einen Umfang von 16 Metern. Die zwölf Türme des Leuchters sind knapp einen Meter hoch! Typisch für den Geist mittelalterlicher Kunst: Der Künstler hat alles bis ins feinste Detail ausgearbeitet, obwohl der Leuchter immer in großer Höhe im Kirchenschiff hing und die Einzelheiten für die Gläubigen gar nicht zu sehen waren – er arbeitete zur Ehre Gottes.
Ein Bild des Paradieses. Strahlende Krone
Der gesamte Leuchter ist reich geschmückt mit Ornamenten, Figuren und Reliefs und lässt sich im mittelalterlichen Geist lesen als ein Bild des „Himmlischen Jerusalems" – also des Paradieses. Solche riesigen Prunkleuchter waren schon in ihrer Entstehungszeit rare Kostbarkeiten – umso mehr gilt das heute. Nur vier Leuchter haben sich erhalten: einer im Aachener Dom, zwei in Hildesheim und der auf der Comburg. All diese Leuchter entstanden kurz nach 1100. Der Hartwig-Leuchter der Comburg ist ziemlich gut erhalten, das hat sich bei einer Untersuchung durch Restauratoren des Landesamtes für Denkmalpflege gerade erst wieder gezeigt. Ein wahres Wunder! Der Leuchter überstand den Bauernkrieg, den Abriss der romanischen Kirche und den Neubau – und sogar einen Absturz im 19. Jahrhundert.
Meisterwerk der Goldschmiedekunst
Die mittelalterliche Comburg war reich und strahlend: Man ahnt das, wenn man das Antependium der einstigen Klosterkirche sieht. Die funkelnde Altarverkleidung aus Gold, Silber, Email und geschliffenen Steinen zeigt das Jüngste Gericht: Christus thront in der Mitte als Weltenrichter, umgeben von den zwölf Aposteln. Mittelalterliche Kirchen waren reich geschmückt: Stifter schenkten reichlich, um ihre Frömmigkeit zu zeigen. Der Begriff Antependium ist lateinisch und bezeichnet etwas „Davorgehängtes", also einen Altarvorsatz. Für das Zentrum des Gottesdienstes, den Altar, konnten die Materialien für diesen Vorsatz gar nicht kostbar genug sein. Die kostbarsten Antependien waren aus Silber und Gold – wie das der Großcomburg.
Rarität in gutem Zustand
Wie der große Radleuchter stammt auch der vergoldete Altarvorsatz aus der Zeit von Abt Hartwig und entstand etwa 1130 bis 1140. Ob er auf der Comburg selbst hergestellt wurde, ist bis heute nicht geklärt. Solche mittelalterlichen Antependien gibt es nur noch sehr wenige. Die Comburg birgt daher einen ganz besonderen Schatz. Seit einer umfassenden Restaurierung 1969 schmückt das Antependium den damals aufgestellten Kreuzaltar der Stiftskirche.
Das Kloster erleben in der Weihnachtszeit
Der Radleuchter wird bis heute benutzt und seine 48 Kerzen werden angezündet – ein eindrucksvolles Erlebnis. Das gibt es allerdings nur an hohen Festtagen und genau dreimal im Jahr: in der Christmette am 24.12. um 22 Uhr, im Silvestergottesdienst am 31.12, um 18 Uhr und in der Osternacht. Zum ersten Mal öffnet die Großcomburg in diesem Jahr an den vier Adventssonntagen ihre Tore: Jeweils um 11 Uhr gibt es einen besonderen Rundgang, zu dem man sich nicht extra anmelden muss. Ansonsten ist Kloster Großcomburg im Winter nur nach Voranmeldung zu besichtigen. Ab dem 1. April finden wieder täglich (außer Montag) mehrere Führungen statt.
DIE GROSSCOMBURG – ein KULTURDENKmal DES LANDES
2012 haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg die Verantwortung für die Präsentation und Vermarktung der Klosterburg übernommen und ebenso die konservatorische Betreuung des einzigartigen Ensembles. In den vergangenen Jahren hat das Land Baden-Württemberg rund 7,5 Mio. € in die denkmalgerechte Instandhaltung der Anlage investiert. Über 20.000 Menschen besuchten im Jahr 2013 die Klosterburg.
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