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"Glaubwürdigkeit des Realschulkonzepts" - Kern: "FDP wird Grün-Rot auf den Zahn fühlen"

Stand: 26.11.14 17:13 Uhr

Die Entscheidende Frage für die FDP ist: Will die Koalition den Realschulen tatsächlich eine bessere Ausstattung und mehr Gestaltungsfreiheit geben, oder soll mit dem grün-roten Realschulkonzept die Gemeinschaftsschule durch die Hintertür eingeführt werden? Das teilte die Landes-FDP jetzt in einer Presseerklärung mit.Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Timm Kern, fragte in einer Aktuellen Debatte die grün-rote Landesregierung nach der Glaubwürdigkeit ihrer neuerlichen Zielsetzung einer Stärkung der Realschulen. "Wie ernst ist es Grün-Rot wirklich mit ihrer neuen Liebe zu den Realschulen?"

Kern sagte weiter: "Ist die Koalition wirklich an einer ehrlichen, dauerhaften Beziehung zu den Realschulen interessiert oder laufen die Realschulen Gefahr, einem Heiratsschwindler aufzusitzen? Angesichts des bildungspolitischen ‚Vorlebens' von Grünen und SPD ist eine gewisse Grundskepsis ob ihrer ehrlichen Absichten bezüglich der Realschulen durchaus angebracht."

Die heutige Gretchenfrage lautet daher: Wie hält es die Landesregierung mit der Freiheit? Will Grün-Rot den Realschulen tatsächlich eine eigene gute Zukunft einräumen, was aus liberaler Sicht bedeuten würde, dieser Schulart mehr Freiheit zu geben, oder soll mit dem grün-roten Realschulkonzept die Gemeinschaftsschule durch die Hintertür eingeführt werden? Anders gefragt: Ist Ihr Konzept ein Realschul-Upgrade oder ein Gemeinschaftsschul-Trojaner?"

Timm Kern beleuchtete in diesem Zusammenhang die bisherige Haltung von Grünen und SPD gegenüber der Realschule. Zunächst zitierte Kern den grünen Abgeordneten Sckerl, der sich nach einem Bericht der Weinheimer Nachrichten vom 1.12.2012 gegen den Vorwurf der Zerschlagung der Realschulen wehrte.

Von einer „Zerschlagung der Realschulen" könne nicht die Rede sein, so Sckerl. Sie sollen voll und ganz weiter bestehen, als Teil der Gemeinschaftsschulen. Wörtlich: „Realschulen sind die geborenen Gemeinschaftsschulen. Sie wissen es nur noch nicht."

Ähnlich äußerte sich der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Dr. Fulst-Blei laut Stuttgarter Zeitung vom 26. Oktober 2012. Man setze auf Freiwilligkeit. Vorübergehend wolle man auch noch die Mehrgliedrigkeit akzeptieren. Doch die Realschulen, die seit der Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung noch stärker gefragt seien als bisher, sieht Fulst-Blei „unter einem ziemlichen Handlungsdruck, sich Richtung Gemeinschaftsschule zu bewegen".

Ein Blick in die unmittelbare Vergangenheit zeige, so Kern, dass die grün-rote Koalition keinen Zweifel an ihrem Willen zur Durchsetzung ihres starren Zwei-Säulen-Strukturmodells aufkommen ließ. Kern: „Gymnasium auf der einen Seite, Gemeinschaftsschule auf der anderen Seite:

Von da ab war das Schicksal der Realschulen gezählt, denn im grün-roten Zwei-Säulenmodell ist für die Realschulen kein Platz." Kern zitierte die grüne Abgeordnete Boser nach einem TAZ-Bericht vom 2.12.2012: „Wir dürfen langfristig das Ziel einer flächendeckenden Gemeinschaftsschule nicht aus den Augen verlieren. Aber wir müssen einen gangbaren Weg finden".

Das Zwei-Säulen-Modell sei ein mittelfristiges Ziel, die Bildungsreform brauche Zeit. Auch die Grünen-Landeschefin Thekla Walker habe die Bildungspolitik der Koalition verteidigt „Wir stehen zu unserem bildungspolitischen Ziel: eine Schule für alle. Die Frage ist nur, in welchem Zeitraum wir das erreichen." Nach den Worten von Kern lasse sich auch der grüne Ministerpräsident zitieren: „Eine zweite Legislaturperiode braucht man, um die Dinge, die man angefangen hat, zu festigen – etwa die Umgestaltung des Schulwesens zu einem Zwei-Säulen-Modell." (Stuttgarter Nachrichten, 31.7.2014).

Vor diesem Hintergrund stellte Timm Kern folgende Fragen zum grün-roten Realschulkonzept an den Kultusminister:

„Muss die Realschule zukünftig auch die Pädagogik der Gemeinschaftsschule übernehmen?Wird es in der Orientierungsstufe der Realschulen Noten beziehungsweise bei Nichterreichung des Klassenziels Klassenwiederholungen geben?Wie wird das Klassenziel in der Orientierungsstufe definiert? Bleibt ein Schüler sitzen, wenn er das Realschulniveau nicht erreicht oder wenn er das Hauptschulniveau nicht erreicht? Plant Grün-Rot ein Abschulungsverbot für Realschulen?"

Kern sagte: "Strebt Grün-Rot nach wie vor ein Zweisäulenmodell für Baden-Württemberg an oder soll es eine neue Dreigliedrigkeit bestehend aus Gymnasium, Realschule und Gemeinschaftsschule geben? – Diese augenscheinliche Abkehr vom bisherigen Zwei-Säulen-Modell wäre bemerkenswert, weil beide Regierungsfraktionen bisher stets gegen ein dreigliedriges Schulsystem angetreten sind, obwohl es sich eigentlich um ein vielgliedriges System handelt. Und wenn nun ein dreigliedriges System das neue Leitbild von Grün-Rot ist, wo bleiben dann die Werkrealschulen? Und wo die beruflichen Schulen?"

Grundsätzlich sei die FDP-Fraktion nach wie vor der Meinung, dass in Baden-Württemberg ein Schulfrieden von Nöten ist, der langfristig Planungssicherheit und Verlässlichkeit im Bildungsbereich gewährleistet, so Kern. Aus diesem Grunde begrüße die FDP-Fraktion, dass der SPD-Vorsitzende Schmid nun den Vorstoß der Liberalen aufgegriffen und zu Schulfriedensgesprächen eingeladen hat.

Kern sagte weiter: "Wir nehmen die Einladung ohne Vorbedingungen an, da hinter Vorbedingungen zumeist der Versuch steckt, Gespräche erst gar nicht stattfinden zu lassen.  Wir werden aber Grün-Rot auf den Zahn fühlen, inwieweit die Koalition den Realschulen und allen übrigen Schularten tatsächlich eine bessere Ausstattung und mehr Gestaltungsfreiheit geben will. Beispielsweise ist eine Abschaffung des Sitzenbleibens in der Orientierungsstufe der Realschulen mit der FDP-Fraktion nicht zu machen, da wir dies als einen schweren Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Schulen ablehnen."

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