"Es geht nicht nur um die Menschen, die tatsächlich finanziell von Armut betroffen sind, sondern es betrifft ja auch die ganze Gesellschaft, weil das auch was mit der Gesellschaft macht, wenn die Spaltung zwischen arm und reich immer größer wird," erläutert Verena Winter, Mitglied der Arbiterwohlfahrt. "Man merkts auch jetzt in der politischen Debatte wieder, was passiert, wenn sozusagen immer an den Schwächsten gespart wird und nach unten getreten wird."
Die Mitglieder der sogenannten "Liga der freien Wohlfahrtsverbände" haben regelmäßig mit den Ärmsten der Gesellschaft zu tun. Zu diesen Mitgliedern gehören AWO, Caritas, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Diakonie und das Rote Kreuz. Ihnen geht es aber nicht nur um Unterstützung, sondern auch um Prävention. Denn Armut kann schnell eine Spirale werden, aus der ein Entkommen nur schwer möglich ist.
"Es könnte sein, früher konnte man sich die Wohnung noch leisten, dass plötzlich die Wohnung nicht mehr bezahlbar ist," zeigt Carola Basolu vom Caritasverband auf. "Dass man, als man noch berufstätig war, einen Kredit fürs Auto oder Möbel aufgenommen hat, und dann durchs Bürgergeld gar nicht mehr in der Lage ist, Raten, die vorher noch voll in Ordnung waren, zu tilgen."
Das Bürgergeld reiche nicht aus, vor allem bei steigenden Miet-, Strom- und anderen Kosten, kritisieren die Verbände. Auch sei es schwierig zu beziehen. Das liege an der Digitalisierung, aber auch an langen Wartezeiten. Es helfe auch nicht, dass immer weniger Gelder für soziale Mittel verfügbar seien, wie Dr. Joachin RÜckle vom Diakonieverband Reutlingen erklärt.
"Also wir spüren es als Träger auch und müssen dann immer überlegen: Wie gehen wir damit um? Können wir die Arbeit so aufrecht erhalten? Also da geht's ans Eingemachte, es gibt Landkreise wo schon drastisch gespart wird, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne dass man sich damit beschäftigt, welche Folgen da entstehen für die Menschen."
Als besonders bedenklich heben die Verbäde die aktuellen Pläne der Bundesregierung hervor, das Bürgergeld in seiner jetzigen Form durch eine neue Grundsicherung zu ersetzen. Denn die soll es deutlich einfacher machen, Menschen finanzielle Hilfsmittel abzuerkennen. An den Ärmsten zu sparen findet bei den Verbänden wenig Verständnis.
"Also ich denk was wir merken in der Beratung, ist dass das an den Ratsuchenden nicht vorbeigeht," sagt Frau Winter. "Also die Bürgergeldbeziehenden kriegen mit, wie die Stimmung ist, dass massiv gegen eine Menschengruppe, die sowieso schon von Armut und Ausgrenzung getroffen ist, gehetzt wird. Und ich sag deshalb Hetze, weil es tatsächlich nicht auf Fakten beruht."
Die Statistiken der Liga zeigen auf: Das Bürgergeld macht nur einen kleinen, schon länger schrumpfenden Bruchteil des wachsenden Sozialbudgets aus. Ein Bruchteil aber, der wichtig sei, der jetzt schon nicht ausreiche und für den niemand wirklich kämpfe. Von Armut Betroffene haben keine Lobby, so die Mitglieder. Aber irgendjemand müsse für sie einstehen. Ein Zweck, für den die Armuts-Aktionswoche geschaffen wurde.
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