Der Erziehungs- und damit auch der Kulturdirektor des Kantons Bern, Dr. Bernhard Pulver, lobt „die sorgfältige Abwägung und den Mut des Kunstmuseums Bern.“ Stiftungsratspräsident Schäublin führt aus, dass das Kunstmuseum durch das Erbe völlig überrascht wurde und dem Stiftungsrat die Entscheidung alles andere als leicht gefallen sei: „Triumphgefühle löste sie schon gar nicht aus. Solche wären auch gänzlich unangebracht angesichts der Geschichte, die auf der Sammlung lastet.
Letztlich ging es um die Klärung der Frage, ob und wie das Kunstmuseum Bern der Verantwortung gerecht werden kann, die ihm durch das Vermächtnis auferlegt wird – einer ungewöhnlich komplexen Verantwortung, wie das Museum betont: "Gegenüber denjenigen, deren unfassbares Leid in Teilen der Sammlung fortwirkt; gegenüber denjenigen, die nach Jahrzehnten berechtigte Ansprüche geltend machen; gegenüber Interessierten und generell der Öffentlichkeit, die ein Anrecht darauf haben, die Entstehungsgeschichte der Sammlung zu kennen; gegenüber der Sammlung selbst, die wertvolles Kunstgut enthält, weswegen sie möglichst erhalten bleiben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte; nicht zuletzt aber auch gegenüber dem eigenen Museum, dessen Reputation und wirtschaftliche Stabilität nicht aufs Spiel gesetzt werden durften."
Von großer Wichtigkeit für das Kunstmuseum Bern sei die Grundmechanik der Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland und Bayern: „Raubkunst oder Werke, die der Raubkunst verdächtigt werden, bleiben in Deutschland. Gleichzeitig beteiligt sich Bern aktiv und in enger Zusammenarbeit mit der Taskforce an der Provenienzforschung. Mit dem Ziel, sämtliche Provenienzen klären und damit alle Raubkunst restituieren zu können.“ Der Stiftungsrat sei überzeugt, in einer von Vertrauen geprägten Zusammenarbeit mit Berlin und München das Bestmögliche erreicht zu haben, das den Interessen aller Beteiligten und Betroffenen diene. Freilich sei noch sehr viel zu leisten; man stehe erst am Anfang eines langen gemeinsamen Weges.
Die deutsche Kulturstaatsministerin Grütters betont, dass die rückhaltlose Aufarbeitung nationalsozialistischen Kunstraubs eine Bedeutung hat, die weit über die rechtliche Dimension hinaus reicht: „Hinter einem entzogenen, geraubten Kunstwerk steht immer auch das individuelle Schicksal eines Menschen.
Unserer besonderen deutschen Verantwortung gegenüber den Opfern der NS-Diktatur wollen wir in der Ausgestaltung der Vereinbarung nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch gerecht werden. Deshalb werden alle im Nachlass enthaltenen Werke, die sich als NS-Raubkunst erweisen, ohne Wenn und Aber an die Berechtigten zurückgegeben. Die Restitution und selbstverständlich auch deren Kosten übernimmt der Bund. Unserer historischen Verantwortung stellen wir uns auch durch die Vereinbarung größtmöglicher Transparenz bei der Provenienzrecherche.“
So werden u.a. die Geschäftsbücher von Cornelius Gurlitt noch heute auf www.lostart.de unter Beachtung der Rechte Dritter öffentlich zugänglich gemacht. Grütters weiter: „Mir war sehr daran gelegen, auch bei den Werken, die von den Nationalsozialisten als ´entartet´ verunglimpft und aus öffentlichen Sammlungen und Museen entfernt wurden, zu einer Lösung zu kommen, die den Interessen aller Beteiligten gerecht wird - insbesondere auch denen derjenigen Museen, aus denen die Werke damals herausgerissen wurden. Deshalb freue ich mich sehr, dass das Kunstmuseum Bern bereit ist, Leihanfragen von Museen, die bis zur NS-Aktion „Entartete Kunst“ Besitzer der angefragten Werke waren, prioritär zu behandeln und diesen nach Möglichkeit zu entsprechen.“
Bayerns Justizminister Bausback sieht in der Vereinbarung einen entscheidenden Schritt für die Restitution von Raubkunst an Opfer des NS-Terrors und ihre Erben: „Es ging im Zusammenhang mit dem sog. Schwabinger Kunstfund von Anfang an gerade auch darum, dass wir unserer besonderen historischen Verantwortung gerecht werden - der Verantwortung gegenüber den Opfern des nationalsozialistischen Terrors und vor unserer Geschichte! Deshalb habe ich sofort, nachdem ich von dem Fund erfahren habe, zusammen mit dem Bund dafür gesorgt, dass die Erforschung der Herkunft der Bilder von Bund und Freistaat mit einer Taskforce auf eine breite Basis gestellt wird. Dass mit Cornelius Gurlitt gesprochen und eine Vereinbarung getroffen wird, die sicherstellt: Die Provenienzforschung geht in jedem Fall weiter! Und ich habe mich dafür eingesetzt - und tue es weiter -, dass die rechtspolitischen Konsequenzen gezogen werden", so Bausback weiter unter Verweis auf seinen Entwurf eines Kulturgut-Rückgewähr-Gesetzes. Damit soll bösgläubigen Besitzern von Raubkunst abgeschnitten werden, sich gegenüber den wahren Eigentümern auf die Verjährung berechtigter Herausgabeansprüche zu berufen.
Bausback weiter: "Ich freue mich, dass wir heute nach langen Verhandlungen die mit Cornelius Gurlitt getroffene Vereinbarung fortschreiben und in ein konkretes Verfahren gießen konnten: Nämlich, dass die Provenienzforschung an den Bildern weitergehen kann, dass raubkunstverdächtige Bilder weiterhin auf der Datenbank Lost Art eingestellt werden können, dass eine Rückgabe nach den Washingtoner Prinzipien stattfinden kann und von Bern akzeptiert wird. Indem wir das in den Vertrag hineingeschrieben haben, uns auch weiterhin an der Finanzierung der Taskforce beteiligen und die Werke in Bayern verwahren, nehmen wir auch weiterhin die bayerische Verantwortung wahr, die aus dem Kunstfund in Schwabing folgt.“
Anlässlich der Vertragsunterzeichnung betont Bayerns Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle: „Ich begrüße es, dass das Kunstmuseum Bern als Erbe der Kunstwerke von Cornelius Gurlitt sich dem Washingtoner Abkommen verpflichtet weiß. Bayern wird auch weiterhin die Provenienzforschung beim Nachlass Gurlitt unterstützen.“
Der Erziehungs- und Kulturdirektor des Kantons Bern, Dr. Bernhard Pulver unterstützt den Entscheid des Stiftungsrats voll und ganz: „Er ist kulturpolitisch richtig und von einem hohen Verantwortungsbewusstsein untermauert." Auch wenn die belasteten Werke nicht nach Bern gelangen sondern in Deutschland verbleiben, gebe sich das Kunstmuseum den Auftrag, die Provenienzforschung aktiv zu unterstützten sowie Kenntnisse und Umgang mit Raubkunst zu vertiefen und damit grundsätzlich für den Umgang mit Fragen der Kunstpolitik in einer Diktatur zu sensibilisieren. „Für mich ist der Entscheid des Stiftungsrats, eine Forschungsstelle einzurichten, ganz zentral. Der Entscheid zur Annahme – davon bin ich überzeugt – liegt auch im Interesse der Opfer.“ Der vorbildliche Umgang mit der Erbschaft Gurlitt werde für das Kunstmuseum zu einer Daueraufgabe. „Das Kunstmuseum beweist Mut, sich dieser Herausforderung zu stellen, inhaltlich aber auch finanziell. Es wird zu prüfen sein, in welcher Form der Kanton hier unterstützen kann. Ich hoffe zudem sehr, dass alle interessierten Kreise den Mut des Kunstmuseums Bern würdigen, indem sie unterstützend mitarbeiten. Und zwar mit dem gemeinsamen Ziel, die noch offenen Fragen möglichst rasch zu klären."
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