Häftlinge hinter Gitter | Bildquelle: RTF.1

Stuttgart / Bruchsal:

" Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen" - Justizminister setzt Expertenkommission ein

Stand: 24.11.14 23:26 Uhr

Justizminister Rainer Stickelberger wird eine Expertenkommission zum Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen einsetzen. Die Kommission werde erstmals am 15. Dezember 2014 in Stuttgart zusammenkommen, gab der Minister am Montag, 24. November 2014, bekannt. "Die hohe Zahl psychisch auffälliger Gefangener stellt den Justizvollzug vor eine große Herausforderung", sagte er. "Ziel der Kommission wird es sein, den derzeitigen Stand beim Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen zu erheben und Empfehlungen für die Zukunft aufzustellen."

Rainer Stickelberger sagte: „Ziel der Kommission ist es, den derzeitigen Stand beim Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen zu erheben und Empfehlungen für die Zukunft aufzustellen"

Nach Angaben des Ministers werden in der Kommission neben Praktikern aus dem Justizvollzug auch Fachleute aus dem Bereich der Psychiatrie und der Behandlung Strafgefangener vertreten sein. Experten aus der Wissenschaft seien ebenso beteiligt wie der Bund der Strafvollzugsbediensteten, die Personalvertretung und Vertreter des Justiz- sowie des Sozialministeriums. Auch die Strafvollzugsbeauftragten der Landtagsfraktionen seien zur Mitwirkung eingeladen.

Die Kommission wird erheben, welche Möglichkeiten und auch Grenzen beim Erkennen psychischer Auffälligkeiten bestehen, welche Betreuungsangebote es gibt und welche Therapien innerhalb des Justizvollzugs durch eigene wie externe Fachleute sowie außerhalb des Justizvollzugs erfolgen können. Auch die Funktionen des Justizvollzugskrankenhauses sowie die Zusammenarbeit mit dem Maßregelvollzug und psychiatrischen Kliniken werden durch die Kommission untersucht. „Nicht zuletzt wird sich die Kommission mit dem schwierigen Thema der Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge der Gefangenen befassen", erklärte der Minister.

Vorgesehen sei, dass die Kommission im Herbst 2015 ihren Abschlussbericht vorlege. Er gehe davon aus, dass darin Empfehlungen in konzeptioneller, personeller, sachlicher und baulicher Hinsicht enthalten sein werden.

Stickelberger wies darauf hin, dass als eine Konsequenz nach dem Tod eines Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal Anfang August dieses Jahres die Mittel für die ärztliche Betreuung psychisch auffälliger Gefangener bereits aufgestockt worden seien. „Damit Krankheiten noch früher erkannt und behandelt werden können, wurden die Mittel für das Hinzuziehen externer Psychiaterinnen und Psychiater erhöht", sagte Stickelberger. Um etwa 500 Gefangene pro Jahr mehr untersuchen und behandeln zu können als bislang, würden 70.000 Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt.

Außerdem habe er dafür Sorge getragen, dass die Aus- und Fortbildung der Bediensteten zum Umgang mit schwierigen, psychisch kranken Gefangenen gestärkt werde. In enger Kooperation mit dem Sozialministerium werde derzeit ein Fortbildungskonzept erarbeitet. In diesem Rahmen seien auch Hospitationen bei den Zentren für Psychiatrie vorgesehen.

Nicht zuletzt hätten die Regierungsfraktionen in den aktuellen Beratungen für den Doppelhaushalt 2015/2016 die Mittel für die Supervision im Justizvollzug um 50.000 Euro jährlich erhöht. „Damit ermöglichen die Fraktionen den Bediensteten im Justizvollzug eine wichtige Hilfe", so der Minister.

Nach dem Tod eines Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal Anfang August dieses Jahres habe Justizminister Rainer Stickelberger bereits zahlreiche Maßnahmen veranlasst. Deren Ziel sei es, die Kontrollmechanismen zu verstärken, die Behandlung von und den Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen weiter zu verbessern sowie die Bediensteten in ihrer schwierigen täglichen Arbeit zu unterstützen.

Die bislang getroffenen Maßnahmen sind nach Angaben des Justizministeriums im Einzelnen:

In einem Erlass an die Justizvollzugsanstalten seien die Mindeststandards bei der Abfassung von Berichten zur Einzelhaft konkretisiert worden. Demnach muss ein Antrag an das Ministerium folgende Angaben enthalten:

Eine erschöpfende Darstellung der Fallgestaltung,die Darlegung der allgemeinen Anordnungsvoraussetzungen für die unausgesetzte Absonderung,die bislang durch die Anstalt ergriffenen Maßnahmen, um der Einzelhaft vorzubeugen oder ihre Notwendigkeit zu beheben,Ausführungen zur gegenwärtigen Unterbringungssituation,Ausführungen zu den sozialen Kontakten der beziehungsweise des Betroffenen - auch im Verhältnis zu den Bediensteten,Ausführungen zur körperlichen und seelischen Verfassung der beziehungsweise des Betroffenen.

Der Justizminister hat nach Angaben des Ministeriums die Justizvollzugsabteilung des Ministeriums angewiesen, dass auf dem Erlass der Zustimmung zu einer Einzelhaft eine Wiedervorlage zu verfügen ist. Diese ermöglicht eine weitere Entscheidung über die Fortdauer der unausgesetzten Absonderung rechtzeitig vor ihrem Ende.Den Justizvollzugsanstalten wird bei Beendigung der Einzelhaft eine zusätzliche, noch zu qualifizierende Berichtspflicht auferlegt.Auf der Dienstbesprechung des Justizministeriums mit den Leiterinnen und Leitern der Justizvollzugsanstalten des Landes am 22. und 23. Oktober 2014 wurden die rechtlichen Voraussetzungen der Einzelhaft eingehend erörtert. Zudem wurde explizit daran erinnert, dass die Verweigerung der Anstaltskost über eine Woche an das Ministerium gemeldet werden muss.

In Zusammenarbeit mit der Vollzugspraxis werden, so das Justizministerium, in einer Arbeitsgruppe landeseinheitliche Standards für die Anordnung, Überwachung und Durchführung der Einzelhaft erarbeitet. Sie sollen Eingang in eine Verwaltungsvorschrift zu den einschlägigen Regelungen des Justizvollzugsgesetzbuchs finden.Unabhängig von der Dauer der Einzelhaft muss künftig jeder Fall einer Einzelhaft in den Justizvollzugsanstalten erhoben und an das Ministerium berichtet werden. Die Berichte an das Ministerium erfolgen ab 2015 jeweils zum Ende eines Quartals. In diesem Jahr wird eine erste Erhebung den Zeitraum vom 30. November bis zum 31. Dezember umfassen.

Mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 70.000 Euro werden den Angaben zufolge die Möglichkeiten erweitert, externe Psychiaterinnen und Psychiater zur Behandlung Gefangener hinzuziehen.

Die Aus- und Fortbildung der Bediensteten zum Umgang mit schwierigen, psychisch kranken Gefangenen werde intensiviert. In Kooperation mit dem Sozialministerium werde ein Fortbildungskonzept erarbeitet.Am 15. Dezember 2014 nimmt eine Expertenkommission zum Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen ihre Arbeit auf.

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