Gruorn | Bildquelle: RTF.1

Gruorn:

Zeichen der Hoffnung: das alljährliche Pfingsttreffen

Stand: 19.05.24 15:27 Uhr

Wer die ehemalige Ortschaft Gruorn heute besuchen will, muss sich an den meisten Tagen im Jahr auf einen Spaziergang auf der Schwäbischen Alb einstellen, denn Kirche und Schulhaus sind nur klassisch zu Fuß oder per Rad zu erreichen. Jedes Jahr an Pfingsten treffen sich ehemalige Gruorner, ihre Angehörigen und Gäste zu einem Gottesdienst in der ehemaligen Dorfkirche und anschließend im alten Schulhaus.


Nur die Kirche und das Schulhaus stehen noch vom alten Dorf Gruorn. Die Einwohner sind längst fort, hatten 1939 ihre Heimat verlassen müssen, sich woanders ein neues Leben, eine neue Heimat aufgebaut. Die meisten leben nicht mehr, 85 Jahre nach der Vertreibung. Und so fällt jetzt den Kindern und Enkeln die Aufgabe zu, die Tradition und die Erinnerung an Gruorn weiterzugeben. So auch Günter Braun, neuer Vorsitzender des Komitees zur Erhaltung der Kirche und Enkel einer Gruorner Einwohnerin.

"Ich bin seit meinem 12. Lebensjahr hier, als es überhaupt möglich war, hier reinzukommen", sagte Braun, "mit meiner Familie oder mit meinen Eltern hierher gekommen und habe noch die Häuser gesehen, wie sie als Ruinen standen und wie sie dann eben auch eingeebnet wurden. Das war schon emotional eine sehr besondere Situation, an die Wurzeln anzuknüpfen."

Seit 1950 durften die Ex-Gruorner einmal im Jahr, an Pfingsten, den Truppenübungsplatz betreten und sich in der alten Heimat treffen. Die mittelalterliche Kirche war damals eine Ruine, in die es rein regnete. Prälat Markus Schoch sagte: "Das Denkmalamt hat schon gesagt, das kann man nicht mehr retten, und doch ist heute diese Kirche steht da, immer noch als ein Ort, wo Menschen zusammenkommen können, um miteinander sich zu treffen und auch um Gottes Wort zu hören. Das ist dann ein starkes Zeichen, finde ich."

Der Reutlinger Prälat Markus Schoch hielt den Gottesdienst und die Predigt, in der er die Wandlung Gruorns vom trostlosen Ruinenfeld zum Biosphärengebietsidyll nachzeichnete. Davon könne man was lernen: "Man kann davon lernen, dass man nicht die Hoffnung aufgeben sollte und dass es auch in Situationen, wo man denkt, jetzt geht es gar nicht mehr weiter, es doch noch eine Möglichkeit gibt. Und ich denke, das ist etwas, was gerade an Pfingsten ja deutlich wird, dass Gottes Geist auf die Menschen kommt und dass er ihnen wieder neue Hoffnung gibt auch durch schwierige Situationen durchzustehen", so Prälat Schoch.

Aber was hat das Pfingsttreffen heute noch für eine Bedeutung – gerade in einer Zeit, in der zum einen immer weniger Alt-Gruorner leben und in der zum anderen Fußgänger und Radfahrer das ehemalige Dorf täglich erreichen können? Dazu Günter Braun: "Das Pfingsttreffen ist weiterhin das Treffen, an dem sich die ehemaligen Gruorner hier versammeln." Hier würden sich weit verzweigte Familien treffen, die sich sonst das ganze Jahr über nicht sähen, so Braun.

Für die einen ist es ein Familientreffen, für die anderen aber ein beliebtes Ausflugsziel, das an Pfingsten ganz besonders im Rampenlicht steht und das an diesem Tag ausnahmsweise mit dem Auto erreichbar ist.

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