Initiative "in hoch drei" | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Regionale Initiative "in hoch drei" bringt junge Migranten und Ältere in Lohn und Brot

Stand: 12.02.14 17:14 Uhr

Besonders junge Menschen mit Migrationshintergrund aber auch Arbeitslose über 45 Jahren haben es schwer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder wieder einzusteigen. Genau diesen beiden Gruppen hat sich das Projekt "in hoch 3" der BruderhausDiakonie und des Vereins "Neue Arbeit Zollern-Achalm"angenommen. Von 2010 bis Ende 2013 begleiteten sie über 250 Menschen in Reutlingen und Tübingen auf ihrem Weg in den Beruf. Finanzielle Unterstützung bekam das Projekt dabei vom Sozialministerium und dem Europäischen Sozialfond Baden-Württemberg. Heute zogen die Verantwortlichen Bilanz.

Es erfordert intensive Begleitung, aber es ist nicht unmöglich – so das Fazit der Verantwortlichen nach dem Abschluss ihres Projekts "in hoch 3". Denn ihnen ist es gelungen, sowohl Jugendliche mit schlechten Berufschancen, als auch Langzeitarbeitslose über 45 Jahren wieder in den Beruf zu bringen. Insgesamt 258 Menschen aus Reutlingen und Tübingen nahmen am Projekt teil. Und davon konnten die Verantwortlichen 80 direkt in Ausbildung oder Arbeit vermitteln, so Thomas Wied von der BruderhausDiakonie Reutlingen. Wobei man sagen müsse, in Ausbildung – das würde vielleicht wundern, aber die seien ja schon über 45. Aber tatsächlich könne man auch noch Ältere in Ausbildung vermitteln - siehe Altenpflege. Und da hätten die Verantwortlichen auch jemanden, der mit 42 Jahren nach einer Umschulung noch eine Industriemechanikerausbildung angefangen habe. In der Arbeit mit den jungen Projektteilnehmern habe sich vor allem deutlich herausgestellt, dass nicht nur fehlende Schulabschlüsse und schlechte Noten das Problem seien. Oftmals seien die Jugendlichen in beruflicher Hinsicht völlig planlos. Diese Planlosigkeit führe häufig zu einem Gefühl der Hilflosigkeit, und nicht selten zur Resignation. Doch hier lasse sich etwas tun: Wenn Veit Walter vom Verein Neue Arbeit Zollern-Achalm Tübingen Zeit habe, sich auf jemanden einzulassen. Wenn der mit ihm eine Beziehung aufbauen könne, dann sage der ihm Dinge, die er vielleicht nicht einmal seiner Mutter sage. Da dran könne er arbeiten. Und die Zeit müsse man sich einfach irgendwo her nehmen. Die müsse irgendwie letztlich auch finanziert werden. Aber das führe zum Erfolg, so Walter. Das habe wirklich zu Fällen geführt, wo ein Ausbilder zu ihm gesagt habe, der Betrieb nehme niemand mit 3,3. Und dann habe er ihn doch genommen. Und jetzt sei er bei 2,5 in der Berufsschule. Die Intensität, mit der man sich um jeden einzelnen Menschen bemühe, sei auch für die älteren Projektteilnehmer von entscheidender Bedeutung gewesen: Die Verantwortlichen hätten laut Wied Fälle gehabt von 10, 15 Jahre arbeitslos. Und da wären sie doch überrascht inwieweit es möglich sei, mit wertschätzender und längerfristiger Beratung, Betreuung und Begleitung, die Menschen soweit auch wieder fähig zu machen und auch das Selbstwertgefühl soweit zu stärken, dass sie wieder Kompetenzen und ein Interesse entwickeln würden, um wieder mit dieser Energie in Arbeit zu kommen. Das Ende des "in hoch 3"-Projekts sollte aber, wenn es nach den Verantwortlichen geht, nicht nur eine positive Bilanz hinterlassen. Die Hoffnung: die Erkenntnisse aus dem Projekt könnten Denkanstöße für weitere Maßnahmen bringen: Projekte die so ausgerichtet seien, könnten laut Wied erfolgreich sein. Und das heiße auch, dass solche Projekte finanziert werden müssten. Das könnte über die Arbeitsagentur sein. Das könne über das Sozial- und Wirtschaftsministerium sein. Weil die Erfahrung eben sei, dass dann der Arbeitsmarkt solche Menschen aufnehme und der Arbeitsmarkt solche Menschen auch brauche. Laut Walter gäbe es brutal viele Angebote grade in Tübingen, die sich teilweise konkurrieren und die Jugendlichen in eine Überforderungssituation bringen würden. Was man hinkriegen müsste, wäre, diese Kompetenzbilanzierung, Interessenbilanzierung irgendwo an den Anfang zu setzen. Also wirklich mit 13,14 sei vielleicht so ein erster Punkt. So könnten schon frühzeitig mögliche Berufsziele ausgelotet werden. Wichtig sei außerdem, den Blick nicht nur auf die Schwächen der Jugendlichen oder Älteren Menschen zu richten, sondern auf die vielleicht noch versteckten Potentiale.
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