Ministerpräsident Winfried Kretschmann | Bildquelle: Staatsministerium Stuttgart

Stuttgart:

Grüner Kurswechsel : Kretschmann erklärt Grüne zur "neuen Wirtschaftspartei"/"Volkspartei werden"

Stand: 12.11.14 22:19 Uhr

Nach den mageren 8,3 Prozent der Bundes-Grünen bei den letzten Bundestagswahlen, die mit einem Steuererhöhungskonzept geführt wurden, deutet in der Partei auf einen Kurswechsel hin. Auf dem Landesparteitag hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann, die Grünen zur "neuen Wirtschaftspartei" erklärt. Dabei hatte ihm der Tübinger OB Boris Palmer sekundiert, der kürzlich die Tübinger OB-Wahlen unter dem Motto einer "sozial-ökonomisch-ökologischen Reform" mit einer Zwei Drittel-Mehrheit gewann. Im Anschluss darauf hatte Palmer, der für einige Zeit in seiner Partei als zu pragmatischer Realo als isoliert galt, seinen Erfolg mit den Worten kommentiert: "So kann man Wahlen gewinnen". Palmer hatte vor den Bundestagswahlen zudem die angestrebten Steuererhöhungspläne kritisiert und auch darauf gedrungen, dass die Grünen sich in Richtung einer Volkspartei entwickeln sollten. Auf dem jetzigen Landesparteitag hatte Bundesparteichef Cem Özdemir diese neue Linie unterstützt und "von einem starken Signal" gesprochen.

Einzug des Ministerpräsidenten zur Regierungspressekonferenz in Stuttgart, wenige Tage nach dem Landesparteitag. Die Themen Wirtschaft, Verkehrsinfrastruktur und Digitalisierung sollen die Grünen bis zu den kommenden Landtagswahlen im Kampf um die Macht im Land vorwärts bringen- und zwar soweit, dass die Grünen -nach dem Schwächeln der FDP - jene Zusatzprozente gewinnen, die einen Machtwechsel verhindern könnten.

Zur „neuen klassischen Wirtschaftspartei" hatte Kretschmann seine Partei dort erklärt, die doch vielen bisher als Steuererhöhungspartei, als auto- und infrastrukturfeindlich gilt. Heute legte er hinsichtlich des grünen Paradigmenwechsels von der Wirtschaftsfeindlichkeit der grünen Anfänge über Wirtschaftsskepsis hin zur jetzt postulierten Wirtschaftsfreundlichkeit erklärend nach.

Klassischer Weise so der Lakmus-Test der grünen Wirtschaftsfreundlichkeit immer die Steuererhöhungen gewesen. Die hätten als wirtschaftsfeindlich, Steuersenkungen bei anderen als wirtschaftsfreundlich gegolten. An dieser monetären Sichtweise von außen werde sich zunächst auch nichts ändern. Faktisch aber trete die Frage der reinen Steuerhöhe beim Kampf um die globalen Märkte immer mehr in den Hintergrund.

Auf dem Parteitag habe er deshalb das Thema der digitalen Revolution in den Vorderegrund gerückt. Dies sei das Thema, das die wirtschaft - ebenso wie alle anderen Lebensbereiche - regelrecht "durchschüttle von a bis z". Seit langem habe er zudem die Themen Forschung und Entwicklung auf seinem Tableau. Den genau dies seien "die entscheidenden Fragen der Zukunft".

Wissenschaft werde immer stärker den ökonomischen Fortschritt bestimmen. Allerbeste digitale Infrastruktur und Investitionen in Forschung und Entwicklung seien deshalb die wahre Schicksalsfrage einer fpolgreichen Zukunft. Und da stehe Baden- Württemberg "an der Spitze". 5,1 Prozent der Bruttoinlandsprodukts würden in Forschung und Entwicklung investiert. Und dies sei ein absoluter europäischer Spitzenwert.

Eine Wirtschaftspartei im herkömmlichen Sinne - eine marktradikale Ersatz-FDP also – würden die Grünen hingegen aber nicht. Der Anspruch bleibe weiter eine ökonomische Transformation, die zudem sozial-ökologisch sei. Dies wolle und könne man aber nur mit und nicvht gegen die Wirtschaft erreichen. Dehalb lasse man jetzt "den grünen Drachen steigen, aber umsetzen" könnten das "nur die Unternehmen". Diese erkenntnis sei der entscheidende Transformationsprozess, der in den letzten 35 Jahren in der grünen Partei stattgefunden habe.

Am Ende nimmt Kretschmann dann im Ringen um die richtige Begrifflichkeit für die Umjustierung dann doch auch noch die Worte eines Journalisten auf, der das Ansinnen der Grünen mit dermaßen beschrieb: diese wollten nicht eine Wirtschafts-, wohl aber eine Volkspartei werden.

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