Oberamteistraße 32 | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Wenn Häuser reden könnten... Besuch in der Oberamteistraße 28-34

Stand: 12.09.22 10:24 Uhr

Wenn am Sonntag Tag des offenen Denkmals ist, dann wird auch die Oberamteistraße 28-32 in Reutlingen in kleinen Gruppen zu besichtigen sein. Die älteste und inzwischen wohl bekannteste Häuserzeile der Stadt ist 700 Jahre alt und einsturzgefährdet. Das Erdbeben vom 9. Juli hat das noch verstärkt. Doch die Häuserzeile soll jetzt aufwendig saniert und dann dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Auf ihrer Denkmalreise durch ganz Baden-Württemberg hat Staatssekretärin Andrea Lindlohr die Oberamteistraße besucht - begleitet von einer Experten-Delegation aus Denkmalpflegern und Architekten.


Wenn Häuser reden könnten, hätten die drei in der Reutlinger Oberamteistraße viel zu erzählen. Zahlreiche Kriege haben sie überstanden und sogar den Reutlinger Stadtbrand. Doch der Abriss des Nachbargebäudes Oberamteistraße 34, des Steinernen Hauses, vor 50 Jahren ging an die Substanz. Seitdem drohen die Gebäude zur Seite zu kippen.

Deshalb will und muss dort ein neues Gebäude hin. Das Stuttgarter Architekturbüro Wulf Architekten hat sich für eine Fachwerk-Glas-Konstruktion entschieden. Mehr ein Phantom als ein Gebäude. Etwas, das beim höchsten Denkmalschützer im Land Anerkennung findet: "Nachdem dieses Steinerne Haus vor 50 Jahren abgerissen wurde, hätte man natürlich sagen können: Man baut historisierend einfach ein Gebäude wieder auf", sagte Prof. Claus Wolf, Leiter des Landesamts für Denkmalpflege. "Insofern finde ich diesen Weg jetzt eigentlich ganz spannend zu sagen: Das ist seit 50 Jahren eine Wunde in der Altstadt von Reutlingen, da erinnern wir daran, und das wird auch nach wie vor in irgendeiner Form ablesbar bleiben."

Staatssekretärin Andrea Lindlohr machte sich auf einer Führung durch das Haus ein Bild vom Gebäude. Das Innere ist wie eine Zeitreise, in der aber alles auf einmal zu sehen ist. Hier trifft mitunter das Mittelalter auf das 20. Jahrhundert. Und so will es die Stadt auch möglichst erhalten. Es gäbe nicht diesen einzig wahren Zustand des Gebäudes, sagt auch Staatssekretärin Lindlohr: "Und das ist möglich, da gibt es auch schon Beispiele dafür, dass wir nicht hier rumlaufen und sagen: Ah, es gibt diesen einen Urzustand, und den bringen wir wieder zusammen , sondern eben dieses: Wie haben die Menschen das genutzt und was lernen wir daraus?"

Doch bei der Sanierung sind noch dicke Bretter zu bohren. Die drei Häuser sind nach wie vor in einem miserablen Zustand. Das sieht man auch an einem durchgebogenen Balken, der zwar erhalten bleibt, aber die tragende Funktion verloren hat. "Eigentlich müsste man, wenn man allen DIN-Normen Folge leisten würde, hier Sicherungsmaßnahmen durchführen, die von dem eigentlichen Denkmal nichts mehr übrig lassen würden", sagte Prof. Wolf. "Insofern sind wir der Stadt und allen Beteiligten sehr dankbar, dass hier auch innovative Lösungen gesucht und gefunden werden."

Am Ende der Sanierungsarbeiten werden die Häuser als Museum zugänglich sein – mit ihnen selbst als Exponaten. Damit sie von den alten Zeiten erzählen können.

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