Christine Behle auf der Erster-Mai-Kundgebung | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Erster Mai Kundgebung erstmals wieder in gewohntem Rahmen

Stand: 01.05.22 14:48 Uhr

Der 1. Mai ist für die Arbeitnehmerbewegung weltweit der wichtigste Feiertag. Doch in den vergangenen beiden Jahren war es wegen Corona nicht möglich gewesen, ihn mit großen Veranstaltungen zu feiern. Das hat sich jetzt geändert - zumindest in Reutlingen. Dort organisierten der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Kundgebung zum 1. Mai wie schon in den Jahren vor 2020 als großes Fest.


Ein Fest für die ganze Familie mit Live-Musik, Essen und Trinken, mit Luftballons für die Kinder, aber auch mit vielen Forderungen an Politik und Arbeitgeber. Und für diese Forderungen war unter anderem die Hauptrednerin Christine Behle zuständig, stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft ver.di.

Die derzeitige Inflation, so Behle, belaste vor allem Mittelschicht und Geringverdiener. Und hier machten Arbeitgeber Angst vor einer Lohn-Preis-Spirale nach oben und forderten Zurückhaltung bei Lohnforderungen. Sie sehe das anders: "Wir brauchen auch am Tariftisch Erhöhungen, die den Beschäftigten ermöglichen, die gestiegenen Kosten, insbesondere bei Lebensmitteln, aber auch bei Gas und Strom auch ausgleichen zu können", so Behle. "Insofern kommt das für uns so nicht Frage, sondern wir werden angemessene Forderungen stellen, aber natürlich haben wir im Fokus, dass die Beschäftigten am Ende des Tages auch gut leben können."

Aber das allein reiche nicht aus. Auch die Politik sei hier in der Verantwortung und insbesondere die Bundesregierung. Behle lobte die Entlastungspakete. Aber wenn das so weitergehe, werde das nicht ausreichen. "Deswegen fordern wir, dass die Mehrwertsteuer auf Gas und Strom abgeschafft wird, zumindest für einen Übergangszeitraum und dass es ein Mobilitätsgeld gibt, damit die Beschäftigten sich den Weg zur Arbeit noch leisten können."

Nur die Hälfte der Beschäftigten profitiere überhaupt noch von Tarifverträgen, so Behle. Der Grund: Tarifflucht. Immer mehr Arbeitgeber zögen sich aus Tarifen zurück. Behle fordert, die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen zu erleichtern. "Wir müssen das Tarifvertragsystem insgesamt stärken, damit mehr unter diese Tarifverträge auch fallen." Das sei kein Selbstzweck von Gewerkschaften, "sondern das ist für die Menschen gut, weil sie dadurch mehr verdienen, mehr Urlaubstage haben und einfach mehr Sicherheit auch am Arbeitsplatz."

Auch das Rentenniveau müsse steigen, so Behle. Und um die ganzen Herausforderungen durch Pandemie, Klimawandel und Krieg finanzieren zu können, müsse auch die Schuldenbremse abgeschafft werden. Und Reiche müssten mehr zur Kasse gebeten werden. "Wir haben hier in Deutschland Millionen Millionäre und über 1.000 Milliardäre", sagte Behle, "und da ist es aus meiner Sicht angesagt, dass wir endlich diese Einkommen, die hier sind, stärker besteuern, auch hohe Erbschaften beispielsweise, da ist eine Geldquelle da, an die bisher nicht ran gegangen worden ist."

Das Gesamtvermögen der Bürger betrage 13,7 Billionen Euro, so Behle. Davon besäße das reichste Zehntel zwei Drittel.

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