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Baden-Württemberg:

Kraniche über Baden-Württemberg - Neue Flugroute bietet seltenes Schauspiel

Stand: 01.11.14 17:10 Uhr

NABU - In den letzten Tagen zeigte sich im Ländle ein außergewöhnliches Bild am Himmel: Kranichschwärme auf der Durchreise, etwa am Federsee oder auf der Schwäbischen Alb. Der Zug der Kraniche gehört zu den besonders beeindruckenden Naturschauspielen, ist für gewöhnlich aber vor allem im nördlichen Deutschland zu beobachten. Baden-Württemberg lag bisher nicht auf der Reiseroute der imposanten Tiere. Das scheint sich zu ändern. Mittlerweile sprechen Vogelexpertinnen und -experten bereits von einer "Südroute". Denn schon seit einigen Jahren sind vermehrt Kraniche im südlichen Teil der Republik unterwegs. 2013 konnte man Anfang November viele Tausende von ihnen am Himmel über Bayern und Baden-Württemberg beobachten. Die Aussichten für ein ähnliches Schauspiel in diesem Jahr sind gut.

„Ich habe am vergangenen Wochenende in der Nähe von Zwiefalten die laut trompetenden Rufe durchziehender Kraniche gehört“, erzählt Dr. Daniel Schmidt-Rothmund, Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums Mössingen. „Baden-Württemberg ist eigentlich kein Kranichland. Aber wir gehen davon aus, dass sich derzeit neben den beiden traditionellen Westrouten eine dritte Zugroute etabliert, die die Vögel durchs Ländle führt.“

Bisher sammeln sich die Tiere auf ihrem Weg von Skandinavien, aus dem Baltikum und Russland im Herbst an den großen Rastplätzen im Nordosten Deutschlands. Dort tanken sie Energie für die Weiterreise in ihre Winterquartiere. Bislang ziehen sie dann auf zwei Routen im Norden beziehungsweise Nordwesten über Deutschland hinweg in Richtung Frankreich, Spanien und nach Nordafrika. 

Wie es zu der neuen Flugroute kommt und ob sie sich langfristig etabliert, werden die nächsten Jahre zeigen. „Zugvögel passen sich immer wieder an veränderte klimatische Bedingungen oder Großwetterlagen an“, erzählt der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums. „Zudem dehnt sich das Brutgebiet der derzeit rund 8.000 vorwiegend in Nordostdeutschland lebenden Kranichpaare allmählich gen Süden aus“. Die Beobachtungen von Vogelfreundinnen und -freunden helfen, solche Entwicklungen besser zu verstehen.

„Noch bis Mitte November dürften etwa auf der Alb, am Federsee, im Donaumoos oder im Oberrheintal die Chancen gut stehen, einen Blick auf die Vögel des Glücks zu erhaschen“, schätzt Daniel Schmidt-Rothmund. Kranich-Sichtungen kann man beispielsweise im Online-Portal NABU-Naturgucker unter www.NABU-naturgucker.de eintragen.

„Wir sind hier natürlich weit entfernt von hessischen Verhältnissen, wo Trupps von 50 bis 300 Kranichen keine Seltenheit sind und gerade erst an einem Tag mehr als 150.000 Tiere gezählt wurden. Solche Massenzugtage erwarten wir nicht“, sagt Schmidt-Rothmund. „Die sogenannte Südroute könnte sich in den nächsten Jahren aber durchaus etablieren. Und möglicherweise werden wir im Land künftig auch einzelne Brutpaare haben.“

Hintergrund: Wie erkennt man Kraniche?

Der Kranich ist ein großer Schreitvogel mit langen Beinen und langem Hals. Das Gefieder ist hellgrau, an Kopf und Hals schwarz-weiß. Typisch ist die rote, federlose Kopfplatte. Schwanz sowie Hand- und Armschwingen sind schwarz. Der keilförmige schmale Schnabel ist über zehn Zentimeter lang. Der Kranich kann bis zu 130 Zentimeter groß werden. Er hat eine Spannweite von 180 bis 220 Zentimetern und wiegt zwischen fünf und sieben Kilogramm. 

Im Flug sind Kraniche leicht mit Wildgänsen zu verwechseln. Beide Arten haben ein ähnliches Zugverhalten und nutzen häufig gemeinsame Rastgebiete. Auch ihre Flugbilder ähneln einander: Die Vögel bilden eine V-förmige Formation und nutzen den Windschatten, um Energie einzusparen. Allerdings legen Kraniche häufiger Segelphasen ein, in denen sie kaum oder gar nicht mit den Flügeln schlagen. Zudem nutzen sie die Thermik und schrauben sich durch aufsteigende Winde nach oben. Die Formation wird dann kurzfristig aufgelöst und man kann den Eindruck bekommen, die Tiere würden orientierungslos kreisen. Dieses Verhalten lässt sich bei Gänsen nicht beobachten. Zudem ragen die langen Beine der Kraniche – anders als bei den Gänsen – im Flug über die Schwanzfedern hinaus. 

Kraniche und Gänse kündigen sich häufig aus der Ferne durch ihre Rufe an. Die unterscheiden sich sehr deutlich: Gänse rufen zwar je nach Art unterschiedlich, ihre Rufe ähneln einander aber. Sie schnattern, quäken, quieken oder fliegen manchmal sogar fast stumm. Kranichrufe dagegen erinnern an ein „erhabenes“ Trompeten: „krru“ – „krarr“ im Wechsel. Im Herbst kann man zudem die „Tschirp“-Rufe der Jungvögel aus nächster Nähe heraushören.

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