Schutzmaßnahmen gegen Ebola | Bildquelle: Difäm Tübingen

Tübingen:

Ins Gebiet des Schreckens - Tübinger Arzt reist als DRK-Freiwilliger ins Ebola-Gebiet

Stand: 29.10.14 22:30 Uhr

Die schlimmen Nachrichten aus Liberia und anderen von Ebola betroffenen Ländern lassen nicht nach. Dem Tübinger Arzt Dr. Heiner Lempp reicht es jetzt. Er hat sich entschlossen, dem Leiden der Menschen nicht weiter tatenlos zuzusehen, sondern selbst nach Westafrika zu reisen, um den Kranken vor Ort zu helfen. Bei einer Veranstaltung im Tübinger Schlatterhaus hat er gestern über die Epidemie informiert.

In Liberia und Sierra Leone fehlt es an Ärzten. Heiner Lempp ist Arzt. Sein Entschluss steht fest: Ende November, Anfang Dezember will er im Krisengebiet sein und den Kranken helfen. Es ist sein erster Einsatz im Katastrophengebiet. Er wisse, dass es die gefährlichste medizinische Arbeit sei, die er bisher gemacht habe in seinem Leben. Und von daher habe er Angst. Und die Angst werde ihm helfen, so vorsichtig zu sein, wie es nur gehe, und das Risiko so weit zu drücken, wie er es drücken könne. Aber der Rest, der bleibe, den müsse er in Kauf nehmen. Lempp weiß, dass er auch sterben kann. Aber er könne auch morgen sterben, wenn er zur Arbeit fahre und in einen Autounfall verwickelt werde. Seine Angst ist für Heiner Lempp kein Hinderungsgrund. Die Menschen in Westafrika würden auch nicht gefragt, ob sie Angst hätten.

Aus seinem Umfeld erfährt der Mediziner überwiegend Zustimmung. Zwei gute Freunde hätten ihm geschrieben, dass sie sich gar nicht wundern würde. Das passe zu ihm. Seine Kinder fänden es gut, sie seien erwachsen und auf ihrem Weg. Die kämen auch ohne ihn aus. Am schwersten sei es für seine Frau. Die sage "ich möchte eigentlich mit dir alt werden". Und würde Lempp ihr erwidern "das will ich auch". Und er werde auch alles dafür tun. Aber seine Frau kenne ihn und wisse, dass er da jetzt einfach hinmüsse.

Vier Wochen wird Lempp in Westafrika sein, danach drei Wochen in Quarantäne. Er hat sich als Freiwilliger beim Deutschen Roten Kreuz gemeldet, das ein Projekt in Liberia und eins in Sierra Leone aufbaut. In welches der beiden Länder er geschickt wird, weiß Lempp noch nicht. An beiden Orten sollen Zeltkrankenhäuser entstehen – eine Anlaufstelle für Menschen mit Fieber. Das werde Lempp zufolge so die erste Aufgabe sein, zu sortieren: Wer hat zwar Fieber, aber sicher kein Ebola? Bei wem ist es Verdacht? Bei wem ist es sicher, dass er Ebola hat? Und je nachdem würden die dann auf verschiedene Schienen gesetzt. Und dann müsse man schauen. Die, die Ebola haben, müsse man auf der einen Seite behandeln, so gut man das halt könne. Und auf der anderen Seite isolieren, so dass der Erreger nicht weiter getragen werden könne.

Epidemologen zufolge sei es zu spät, die Krankheit jetzt noch zu stoppen. Sie werde durchlaufen, wie damals die Pest in Europa, und noch viele Tote fordern. Trotzdem hält Lempp seinen Einsatz nicht für völlig hoffnungslos. Der Prozentsatz von Erkrankten, die sterben, der liege im Moment bei 70 Prozent, wenn man nichts tue. Vielleicht könnten er und seine Kollegen vor Ort den auf 50 Prozent drücken. Das sei dann immer noch eine Katastrophe. Aber Lempp hoffe, er würde immer mal wieder eine Frau sehen, die nach Hause geht in ihre Familie, ein Vater, der nach Hause geht in seine Familie, ein Kind, das nach Hause geht in seine Familie, was sonst gestorben wäre. Eine Epidemiegefahr für Europa und Deutschland sieht der Tübinger Arzt nicht. Aufgrund der medizinischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, lasse sich die Krankheit hierzulande schneller bezwingen. 

Wer wie Heiner Lempp helfen will, kann dies auch, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen – durch eine Spende an das Deutsche Rote Kreuz. Spendenkonto: 41 41 41, BLZ: 370 20 500, Stichwort "Ebola"

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