Feuerwerksverbot zu Silvester | Bildquelle: RTF.1

Baden-Württemberg:

Silvester im Corona-Jahr - was passieren könnte und was bei Verletzungen getan werden sollte

Stand: 31.12.20 15:18 Uhr

Das diesjährige Silvester wird komplett anders verlaufen als gewohnt: durch die landesweite Ausgangsbeschränkung dürfen sich Menschen zwischen 20 Uhr und 5 Uhr nicht im öffentlichen Raum aufhalten - das heißt natürlich auch nicht um Mitternacht. Der Verkauf von Raketen und Böllern wurde verboten und in den eigenen vier Wänden dürfen maximal fünf Personen aus zwei Haushalten, mit Ausnahmen von Kindern bis 14 Jahren, zusammenkommen.


Ziel der Maßnahmen ist, dass sich die Infektion nicht weiter ausbreitet und die Notaufnahmen an Silvester nicht zusätzlich belastet werden. Erlaubt ist es aber, bereits gekaufte Raketen und Böller – zum Beispiel aus den Vorjahren – auf dem eigenen Grundstück zu zünden. Auch wenn wir in diesem Jahr durch die Maßnahmen hoffentlich weniger Verletzte und auch weniger Brände haben, wollen wir Sie heute trotzdem auf die Silvester-Gefahren hinweisen und Ihnen Tipps im Umgang mit Brandverletzungen geben.

Das Jahr 2020 hat von uns viele Entbehrungen abverlangt. Und auch der Abschluss des Jahres soll so werden wie das gesamte Jahr: eine richtige Spaßbremse. Kein Feuerwerk, keine Party, nicht einmal das Zusammenstehen und Anstoßen auf der Straße um Mitternacht ist erlaubt. Denn das Corona-Virus macht eben auch vor Silvester nicht Halt.

Immer noch müssen wir uns alle anstrengen, unsere Kontakte auf dem Minimum zu halten, um die Kapazitäten auf den Intensivstationen nicht zu gefährden.

Und gerade an Silvester gibt es jedes Jahr viele Patienten, die mit Verbrennungen und anderen Verletzungen in die Notaufnahme eingeliefert werden.

Der Direktor der Klinik für Hand-, Plastische, Rekonstruktive und Verbrennungschirurgie an der BG Klinik in Tübingen, Prof. Adrien Daigeler, beschreibt mit welchen üblichen Verletzungen die Patienten an Silvester eingeliefert werden: "Das sind sehr, sehr schwere Verletzungen, die wir sehen. Die führen teilweise bis zum Verlust einer kompletten Hand, können aber auch wenn sie weniger schlimm sind eine deutliche Funktionsstörung der Hand bedeuten, Fingerverluste, Teil-Fingerverluste, Weichteildefekte, Nervenschäden. Das kann dazu führen, dass die Patienten berufsunfähig werden oder, wenn es jüngere Patienten trifft, sie nicht mehr den Beruf, den sie eigentlich mal vorhatten, ausüben können."

Wenn ein Patient eingeliefert wird, gibt es allerhand zu tun. Zu allererst wird die Verletzung unter sterilen Bedingungen inspiziert. Die Funktion wird geprüft, auch ein Röntgenbild wird oft angefertigt, um zu sehen, ob ein Knochen verletzt wurde. Die Sensibilität und die Hautbeschaffenheit werden geprüft und je nach Verletzungsausmaß geht das nach der entsprechenden Aufklärung direkt in den OP.

Zwar wurde in diesem Jahr der Verkauf von Raketen und Böllern verboten, weiterhin erlaubt ist aber das Abschießen von Feuerwerk auf dem eigenen Grundstück. Auch auf dem eigenen Grundstück ist eine sachgemäße Handhabung enorm wichtig. Eine Rakete aus der Hand zu zünden, ist leichtsinnig und gefährlich. Ein sicherer Abschussort, beispielsweise aus einer Flasche in einer Getränkekiste, grenzt die Gefahr ein.

Aber auch die Flugbahn sollte kalkuliert werden, denn zu Brandherden, die durch Raketen und Böller ausgelöst werden, muss die Feuerwehr in der Silvesternacht regelmäßig ausrücken. Feuerwehrkommandant Harald Herrmann aus Reutlingen erzählt, dass es in den Silvesterstunden zwischen zehn und zwanzig Brände gebe, meist kleiner Art. So werden Gebüsche, Sträucher und Fassaden in Brand geschossen. Problematisch seien auch Balkone, denn dort gebe es brennbares Material, wie beispielsweise die Weihnachtsdeko.

Nicht gezündete Böller und Raketen sollten außerdem mit einem Eimer Wasser unschädlich gemacht und nicht etwa neu aktiviert werden.

Sollte es dennoch zu einer Verletzung kommen, kühlen Sie diese zunächst für ca. 10 Minuten. Danach sollten Sie den Weg ins Krankenhaus antreten. Durch das Verkaufsverbot besteht auch noch eine andere Gefahr: denn wer keine Raketen und Böller aus dem vergangenen Jahr mehr übrig hat und trotzdem nicht auf Feuerwerk verzichten will, greift leider oft zu illegalen Varianten aus dem Ausland oder selbstgebautem Feuerwerk. Die Verletzungen solcher Self-Made-Raketen sind verheerend. Denn auch ohne Corona gibt es an Silvester regelmäßig Opfer von selbstgebastelten Raketen oder Bomben, erklärt Prof. Daigeler. Es komme zum Abriss von Gliedmaßen, Blindheit und Taubheit. Alle zwei, drei Jahre würden sie solche Patienten auch schon teilweise vor Silvester haben, weil Jugendliche sich bei den Vorbereitungen solcher Bomben verletzen würden, wenn sie beispielsweise in Garagen eng beisammen stehen würden.

Ob der Plan der Regierung aufgeht und es in diesem Jahr durch das Verbot wirklich weniger Verletzte geben wird, wird sich heute Nacht zeigen.

Eines ist aber schon jetzt sicher: die Tiere und die Umwelt werden sich über das gemäßigte Feuerwerk auf jeden Fall freuen.

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