Grippeimpfung | Bildquelle: RTF.1

Politik und Wissenschaft:

Breite Ablehnung einer Vorzugsbehandlung für Geimpfte

Stand: 31.12.20 12:50 Uhr

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat sich klar gegen Lockerungen der Corona-Auflagen für Geimpfte ausgesprochen. "Eine Vorzugsbehandlung für Geimpfte birgt die Gefahr der Spaltung der Gesellschaft." Weitere Politiker und Wissenschaftler sehen das ähnlich.

Zwischen bereits Geimpfte und Nicht-Geimpfte dürfen wir keinen Keil treiben", mahnte Schäuble im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das Tempo bei der Impfstoffentwicklung sei "absolut beeindruckend", "daher können wir auch hoffen, dass es bei der Produktion noch schneller gehen wird", sagte der CDU-Politiker. "Jetzt ist jedenfalls nicht der richtige Zeitpunkt, um über Privilegien für die ersten Geimpften zu streiten, dazu wissen wir noch zu wenig über Dauer und Umfang der Impfwirkung."Dass absehbar noch zu wenig Impfstoff für alle da sei, "wird natürlich eine große Geduldsprobe, gerade für jene, die das Virus persönlich fürchten", räumte der Parlamentspräsident ein. Aber es sei "zum Besten aller, wenn wir nicht nur uns selbst sehen", appellierte er.

Mit Blick auf jüngste Umfragen zur gestiegenen Impfbereitschaft ergänzte Schäuble, es sei "eine frohe Botschaft, dass sich die große Mehrheit der Bevölkerung impfen lassen will". Er habe Respekt vor denjenigen, die dem Impfstoff mit Skepsis begegneten. "Gleichwohl sollten auch sie akzeptieren, dass es nicht nur auf das eigene Empfinden, sondern auf den Gemeinsinn ankommt, wenn wir die Pandemie überwinden wollen, und das Impfen ist dafür notwendig. Natürlich werde auch ich mich impfen lassen, sobald ich an der Reihe bin!"

Auch die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, hat sich gegen Vorrechte für Menschen ausgesprochen, die bereits gegen das Coronavirus geimpft sind. Davon halte sie "vorerst gar nichts", sagte Buyx, die Ärztin ist und an der Technischen Universität München Professorin für Medizinethik und Gesundheitstechnologien ist, dem Tagesspiegel.

"In einer Phase, in der wir alle für bestimmte Gruppen mit besonderen Risiken solidarisch zurückstehen, wäre es sehr unausgewogen, wenn diese Gruppen sich dann öffentlich die Maske vom Gesicht ziehen. Zudem ließe sich dabei gar nicht mehr ausmachen und kontrollieren, wer das darf und wer nicht - und das, obwohl wir uns bis auf weiteres noch an die Regeln halten müssen, weil der Effekt der Impfung auf die Pandemie noch eine Weile dauern wird." Buyx verwies zugleich darauf, dass noch nicht sicher belegt sei, dass Geimpfte wirklich niemanden anstecken können. Dazu werde es erst in den nächsten Monaten belastbare Daten geben.

Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans betont: "Wir dürfen die Solidarität, die wir derzeit an so vielen Stellen zeigen, jetzt nicht aufgeben. Bis eine ausreichende Zahl von Menschen geimpft ist, sollten die Regeln für alle gleich sein", sagte Walter-Borjans dem Tagesspiegel. "Es wäre falsch, Menschen zu bevorteilen, weil sie früher an der Reihe waren als andere, zumal noch nicht einmal gesichert ist, ob von Geimpften keinerlei Ansteckungsgefahr mehr ausgeht."

Der SPD-Chef zeigte sich fest überzeugt, dass in der Bevölkerung "die weit überwiegende Mehrheit sich und andere durch eine Impfung schützen wird, sobald das möglich ist." Danach könne Deutschland "die zermürbenden Einschränkungen endlich ganz hinter uns lassen". Die Zahl der Impfgegner, so Walter-Borjans, werde "am Ende überschaubar sein und nur insofern ins Gewicht fallen, als diese Gruppe sich selbst gefährdet. Das müssen wir in einer Aufklärungskampagne deutlich machen, um so viele wie möglich davon zu überzeugen, dass Impfen schützt."

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