Immer weniger Menschen glauben, Einfluss auf ihre Gesundheit zu haben
Bevölkerungsübergreifend glauben 35 Prozent, "starken" Einfluss auf die eigene Gesundheit zu haben. 2015 waren es noch 46 Prozent - ein Rückgang um elf Prozentpunkte. "Dabei ist gerade das Wissen um die eigenen Einflussmöglichkeiten und das Zutrauen in diese ein Schlüssel zur Prävention - und damit eine Ressource für die eigene Gesundheit", erklärt Dr. Suhr. Hinzu kommt, dass ein soziales Gefälle ersichtlich wird: Von den Befragten mit hohem sozioökonomischem Status gibt jeder Zweite an, überzeugt zu sein, durch das eigene Verhalten die Gesundheit stark beeinflussen zu können. Bei Befragten mit niedrigem sozioökonomischem Status trifft das gerade auf ein Viertel zu. Diese Menschen sind häufig der Ansicht, dass ihr eigener Lebensstil keine bedeutenden Effekte auf ihre Gesundheit habe.
Soziales Gefälle beim Wissen um Präventionsmöglichkeiten
Generell hält die Mehrheit der Deutschen "Nicht rauchen" (82 Prozent), "Genügend schlafen" (80 Prozent), "Viel Bewegung" (79 Prozent) und "Auf das Gewicht achten, versuchen, nicht zuzunehmen" (78 Prozent) für besonders wichtig, um gesund zu bleiben. Doch der sozioökonomische Status beeinflusst auch das Wissen um diese Präventionsmöglichkeiten. So messen Menschen aus sozial höheren Schichten beispielsweise der Gewichtskontrolle mehr Bedeutung zu als Befragte mit niedrigem sozioökonomischem Status (82 zu 68 Prozent). Gleiches gilt für gesunde Ernährung (77 zu 60 Prozent) oder regelmäßigen Sport (82 zu 59 Prozent). Aber auch beim Nichtrauchen lässt sich mit 88 zu 78 Prozent noch ein deutlicher Unterschied beim Wissen um diese gesundheitsfördernden Faktoren feststellen.
Probleme beim Zugang zu hilfreichen Gesundheitsinformationen
Wie der Gesundheitsbericht der Stiftung weiter zeigt, ist das Interesse an Gesundheitsthemen unabhängig von der sozialen Schicht hoch: Zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten sind daran "interessiert" oder sogar "sehr interessiert". Unter den Menschen mit niedrigerem sozialem Status ist das Interesse etwas geringer (60 Prozent). Dieser Bevölkerungsgruppe fällt es jedoch nach eigener Aussage in überdurchschnittlichem Maße zugleich "eher schwer" bis "sehr schwer", bei Fragen zu Krankheiten an hilfreiche Informationen zu gelangen: Während unter den Befragten mit niedrigem sozialem Status jeder Vierte diese Angabe macht, ist es unter denen mit hohem sozioökonomischem Status gerade einmal jeder Sechszehnte. Vor diesem Hintergrund fordert Prof. Dr. Doris Schaeffer, Leiterin des Interdisziplinären Zentrums für Gesundheitskompetenzforschung an der Universität Bielefeld und wissenschaftliche Beraterin der Studie der Stiftung Gesundheitswissen: "Wir müssen die Gesundheitskompetenz insgesamt verbessern und der gesamten Bevölkerung und besonders den vulnerablen Gruppen ermöglichen, souverän mit gesundheitsbezogener Information umgehen zu können - eine wichtige Voraussetzung, um selbst das Richtige zu tun." "Der aktuelle Gesundheitsbericht gebe allen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, Anregungen und Impulse, um die soziale Kluft in Gesundheitsfragen zu verkleinern," erklärt Schaeffer.
Prävention zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Zugleich zeigt sich beim Thema Prävention ein deutlicher Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Obwohl vielen Bundesbürgern bewusst ist, dass sich bestimmte Verhaltensweisen positiv auf die Gesundheit auswirken können, setzt ein beträchtlicher Teil solche Maßnahmen nicht um. So verzichten nur 70 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben auch tatsächlich aufs Rauchen - obwohl 82 Prozent der Befragten angeben zu wissen, dass Nichtrauchen wichtig sei, um gesund und fit zu bleiben. Auch bei der Umsetzung einer gesunden Lebensweise im Alltag offenbaren sich soziale Unterschiede: So geben 78 Prozent der Menschen aus der Oberschicht an, aus Gesundheitsgründen aufs Rauchen zu verzichten, aus der sozioökonomisch niedrigeren Schicht sind es 60 Prozent. "Unsere Studie zeigt, dass Wissen um Präventionsmöglichkeiten nicht immer zu deren Umsetzung führt," erläutert Suhr. "Dem wollen wir so früh wie möglich entgegenwirken - beispielsweise mit unserer Arbeit in Schulen zur Steigerung der Gesundheitskompetenz. Denn neben der Kenntnis braucht es auch das Handwerkszeug, Wissen anzuwenden - damit Gesundheit nicht länger eine Frage der sozialen Schicht bleibt", betont Suhr.
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