Bei dem in Stuttgart von der Landesregierung anberaumten , bundesweit ersten Flüchtlingsgipfel wurden dann zwischen den Beteiligten auch erste Lösungsansätze vereinbart.
16 Uhr 30, Neues Schloss in Stuttgart. Hinter verschlossenen Türen hat der Flüchtlingsgipfel begonnen, bei dem Vertreter des Landes, der Landkreise, der Kommunen , Verbände und Kirchen diskutieren, was aktuell Schwierigkeiten bereitet. Es geht um fehlende Unterbringungsmöglichkeiten für bis Ende 2014 rund 26 000 Flüchtlinge, und: um Kosten, die draußen im Land die kommunalen und Kreishaushalte sprengen.
Ortswechsel, Reutlingen: Im Landratsamt hat Landrat Thomas Reumann den Kreistag zusammengerufen. Reumann gibt fast zeitgleich ein konkretes Bild der schwierigen Lage. 744 Plätze haben man zur Verfügung, 718 seien belegt. Nehme man hinzu, dass es wegen geschlechtlicher und ethnischer Voraussetzungen Trennungen geben müsse, sei man also bis auf den letzten Platz belegt. Statt der einst 700 kalkulierten Flüchtlinge werden es für die Kommunen im Kreis Reutlingen bis Jahresende wohl 970 werden. Nicht nur für diesen Landkreis heißt das: Unterkünfte suchen – beinahe um jeden Preis.
Man sei dabei alles auszuloten, was möglich sei, so Reumann. Grundstücke für Bauvorhaben oder Container-Dörfer, ungenutzte Gebäude, die zu einer solchen Nutzung tauglich und auch beziehbar wären. Wenn das aber alles nicht ausreiche, dann müsse man auch Turnhallen, Pensionen oder Hotels zur Unterbringung in Betracht ziehen. Bemerkenswert sei, dass alle regionalen Kräfte - über Politik, Verbände, Vereine bis hin zu den Kirchen - an einem Strang zögen. Darüber hinaus aber brauche es aber schnelle Lösungen von Land und Bund. Zum einen bertreffe das mehr Erstaufnahmekapazitäten, zweitens eine auskömmliche Finanzierung, weil die bisherigen Pauschalen bei weitem nicht ausreichten.
Darüber hinaus müsse der Bund im Grundsatz überlegen, ob das jetzige Asylrecht die Probleme lösen könne. Vielmehr brauche man klare Zuwanderungsregelungen, einen verlässlichen rechtlichen Rahmen für gezielte Einwanderungskorridore.
Stuttgart, gegen 20 Uhr. Noch immer wird hinter geschlossenen Türen verhandelt, länger als gedacht. Rund eine Stunde später: der Gipfel ist zu Ende, die Akteure erscheinen zum Pressestatement. Der Ministerpräsident gibt sich überzeugt, dass es gelungen sei, alle Ressourcen zu aktivieren, um "die großen humanitären Herausforderungen", die sich stellten, zu meistern. Dafür habe man ein "Bündnis für Flüchtlinge" geschmiedet – ein Begriff des evangelischen Landesbischof July, den er gerne übernehme und den er sehr angebracht empfinde.
Ergebnisse konkret: Den Kommunen winken Entlastungen: Für 2015/2016 will das Land je 15 Millionen Euro bereitstellen für ein Sonderförderprogramm für Wohnungsbau. Zudem sollen weitere 100 Millionen in den Haushalt eingestellt werden und so unter anderem die Stellenausstattung für wichtige Ebenen verbessert werden. Ebenso sollen 3000 zusätzliche Erstankunftsplätze und 1000 Plätze für sexuell mißbrauchte Mädchen und Frauen geschaffen werden. Die Sprachförderung soll auf allen Ebenen mit 200 zusätzlichen Deputaten ausgebaut werden. Zudem sollen die Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden. Und auch die Zuweisungen pro Flüchtling werden erhöht.
Die Reutlinger Oberbürgermeisterin und Präsidentin des Baden-Württembergischen Städtetages, Barbara Bosch, sprach im Anschluss von "einem wichtigen ersten Schritt". Alles sei auf den Tisch gekommen, manche Probleme gelöst worden. An manchen anderen Dingen müsse man aber weiter arbeiten. So gebe es bisher eben Pauschaulen pro Kopf, mit denen man bei weitem nicht auskomme. Hierfür müsse es Lösungen geben.
Ähnlich die Reaktion von Joachim Walter, dem Tübinger Landrat und Präsidenten des Landkreistags. Er nehme mit, dass man sich auf allen Ebenen Mühe geben, für mehr Unterbringungsmöglichkeiten zu sorgen. Mit dem Gespräch allein und dem Gipfel sei es nicht getan. Jetzt müsse man miteinander in "die Tiefen der Ebene", um "die Dinge konkret klar ziehen". Einigkeit hingegen herrscht bei allen Beteiligten darin, dass ein nationaler Flüchtlingsgipfel bald folgen müsse, zudem auch ein Treffen auf europäischer Ebene, das für eine faire Verteilung innerhalb Europas sorgt.
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