Rettungshubschrauber | Bildquelle: pixabay.com

Risiko:

DRF Luftrettung warnt vor Gefahr durch Drohnen - Vorfall in Freiburg

Stand: 07.01.22 13:50 Uhr

Bei der DRF Luftrettung häufen sich kritische Situationen mit Drohnen. Zuletzt kam so ein Fluggerät einem Rettungshubschrauber nahe des Flugplatzes in Freiburg in die Quere.

Völlig unerwartet näherte sich vor einigen Tagen eine Drohne dem Intensivtransporthubschrauber (ITH) "Christoph 54" der DRF Luftrettung am Flugplatz in Freiburg kurz nach dessen Start. Die DRF-Pilotin Adriana Langer musste auf ihrem Einsatzflug nach Lörrach zwar nicht ausweichen, dennoch kam ihr das unbemannte Flugsystem ganz plötzlich bis auf eine Entfernung von fünf Meter gefährlich in die Quere. Leider kein Einzelfall: "Die DRF Luftrettung beobachtet diesen Vorfall mit Sorge, denn Situationen dieser Art häufen sich", so Dr. Peter Huber, Vorstand der DRF Luftrettung.

Die Besatzung von "Christoph 54" wollte am Mittag einen Patienten von Lörrach nach Freiburg ins Krankenhaus transportieren. Kurz nach dem Start an der Station in Freiburg, auf etwa 70 Meter Höhe, bemerkte die Hubschrauberpilotin der DRF Luftrettung, dass sich ihr etwas Schwarzes im Luftraum näherte. Ihren Anfangsverdacht, dass es sich dabei um einen Vogel handeln könnte, musste sie schnell über Bord werfen: Sie konnte keinen Flügelschlag erkennen und da war der Flugkörper auch schon zum Greifen nah. Adriana Langer, die seit zehn Jahren für die rot-weißen Luftretter im Einsatz ist, konnte eine rechteckige Drohne in der Größe eines durchschnittlich großen Pakets erkennen. Vor dem Verlegungsflug hatte die Crew der DRF Luftrettung bereits eine Meldung erhalten, dass ein genehmigter Drohnenflug geplant sei. Allerdings war dieser Flug für einen anderen Zeitpunkt am späten Nachmittag angekündigt.

Ein Ausweichmanöver war zum Glück nicht erforderlich. Kurzerhand teilte sie diese gefährliche Begegnung der Flugleitung des Flugplatzes mit, um auch andere Piloten und Beteiligte zu warnen. Außerdem meldete sie den Vorfall dem "Safety Management System" (SMS) der DRF Luftrettung, das diese erheblichen Gefahrensituationen leider immer häufiger beobachten muss, denn Drohnen erfreuen sich insbesondere bei Hobbyfliegern zunehmend großer Beliebtheit. Das SMS überwacht Sicherheitsvorfälle dieser Art und geht auch präventiv vor, indem sie die Hubschrauberbesatzung der DRF Luftrettung auf solche Gefahren speziell schult und immer wieder neue Gefahrenquellen simuliert. "Eine Kollision hätte das Leben unserer Besatzung gefährden und ein schlimmes Ausmaß annehmen können", zeigt sich Dr. Peter Huber, Vorstand der DRF Luftrettung, besorgt. Die Polizei konnte den Steuerer bisher nicht ausfindig machen und ermittelt nun. Die Behörde prüft, ob dieser ungenehmigte Drohnenflug gegen die Luftverkehrsordnung verstoßen hat.

Gefährdung von Hubschrauberbesatzung und Patienten

Die Sicherheit bei Luftrettungseinsetzen spielt eine übergeordnete Rolle. Fliegt eine Drohne unmittelbar und überraschend in die Nähe eines Hubschraubers, kann es zur realen Gefährdung von Mensch und Maschine kommen. "Den aktuellen Zwischenfall beim Einsatz der Kollegin nehmen wir sehr ernst. Wir richten daher einen dringenden Appell an die Hobbyflieger und Bediener von Drohnen jeglicher Art, sich an die Drohnen-Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, die im März 2020 neu herausgegeben wurde, zu halten", so Dr. Huber. Generell sei jegliche Behinderung und Gefährdung an Einsatzorten von Rettungscrews, Polizei sowie im An- und Abflugbereich von Flugplätzen verboten, betont der Vorstand der DRF Luftrettung. Grundsätzlich dürfen Drohnen in Deutschland ohne anderweitige Genehmigung nicht höher als 100 Meter aufsteigen. Für Modelle mit einem Gewicht von mehr als zwei Kilogramm benötigen die Piloten einen Kenntnisnachweis, auch Drohnenführerschein genannt. Neben Flugplätzen sind Menschenansammlungen, Unfallstellen oder Krankenhäuser für Drohnenflüge tabu.

Hohe Strafen wegen gefährlichem Eingriff in den Luftverkehr

Für Drohnenflüge in Verbotszonen drohen hohe Strafen, denn sie stellen ein enormes Sicherheitsrisiko dar: Ohne eine Ausnahmegenehmigung sind sie nachts und in der Nähe von Flugplätzen ausdrücklich verboten. Viele Flugroboter sind bereits mit integrierten Karten von vorgegebenen Verbotszonen in ihrer Software ausgestattet und können nur nach Freischaltung an diesen Orten in die Luft steigen. Die Kreuzung oder der Überflug einer Drohne über drehende Rotorblätter ist äußerst gefährlich! Durch die Sogwirkung der Rotoren kann die Drohne angesaugt werden, so dass es zu einer Beschädigung des Hubschraubers kommt. Auch wenn es in Freiburg zu keinem Schaden kam, wurde unsere Besatzung während eines Patiententransports behindert. "Die DRF Luftrettung ist mit ihren rot-weißen Rettungshubschraubern täglich bundesweit im Einsatz, um Menschen schnelle medizinische Hilfe zu bringen. Im Notfall zählt dabei oft jede Minute. Dessen sollten sich Drohnennutzer bewusst sein und Rettungshubschrauber bzw. grundsätzlich Luftfahrzeuge weder an- noch überfliegen", warnt Dr. Huber.

Flugsicherung meldet 125 Vorfälle mit Drohnen

Die Sichtung der Drohne in Freiburg ist für die DRF Luftrettung leider kein Einzelfall. Im Safety Management System sind noch weitere Fallberichte erfasst. "Die meisten Drohnen in Deutschland werden von Hobbypiloten gesteuert. Werden sie allzu leichtsinnig und unbedarft in der Luft manövriert, stellen sie eine akute Gefahr am Himmel dar", betont Dr. Huber, selbst ausgebildeter Pilot. Durch Leichtsinn und Selbstüberschätzung werde aus der Faszination eine tödliche Falle. Nach Schätzungen der Deutschen Flugsicherung (DFS) gibt es in Deutschland 2020 rund 1,2 Millionen Drohnen. Laut Angaben der DFS kam es 2019 zu 125 registrierten Behinderungen durch Drohnen im Flugverkehr. Die Zahlen sind im Vergleich zu 2018 zwar rückläufig (158 an der Zahl), dennoch stellen solche Zwischenfälle eine erhebliche Gefahr für die Einsätze der Luftrettern und damit für Patienten dar.

Fachgerechter Drohneneinsatz auch Chance für DRF Luftrettung

Die DRF Luftrettung sieht in dem Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge (UAV - Unmanned Aerial Vehicles, umgangssprachlich als "Drohnen" bekannt) aber nicht nur eine Gefahr, sondern auch eine Chance. Sie hat dazu ein Positionspapier mit eigenen Richtlinien entwickelt, wenn es beispielsweise um den Transport von notfallmedizinischer Ausrüstung wie Defibrillatoren geht. Genauso lassen sich in der Notfallversorgung Blut oder Laborproben durch Drohnen ans Ziel bringen. "Der Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen zu diesen Zwecken kann unter Umständen wesentlich schneller und effizienter sein als der Transport mit dem Rettungswagen oder dem Rettungshubschrauber", sagt Dr. Huber. Hierzu arbeitet die DRF Luftrettung am Pilotprojekt MV|Life|Drone mit der Universitätsmedizin Greifswald als Kooperationspartner zusammen. Im Projekt "MV|Life|Drone - Pilot" wurde getestet, ob Drohnen künftig Defibrillatoren zu Ersthelfern und Patienten fliegen können. Mit Testflügen in Penkun und Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern Ende des Jahres 2019 wurde erforscht, ob dieses Konzept funktioniert, welcher Organisationsaufwand damit verbunden ist und wie gut das Konzept von Ersthelfern, die nicht in die Drohnensystematik eingewiesen sind, vor Ort umgesetzt werden kann. Die DRF Luftrettung unterstützte bei den Erprobungen vor Ort und stellte nach Auswertung der Simulationsflüge mit den Drohnen ihre Berechnungsalgorithmen zur Verfügung.

Einen nichtfachgerechten Einsatz von Flugrobotern stuft die DRF Luftrettung als ein hohes Risiko mit schlimmen Folgen für alle beteiligten Luftverkehrsteilnehmer ein. "Wer den Einsatz von Rettungshubschraubern behindert und gefährdet, riskiert Menschenleben", betont Dr. Huber. Deswegen gehören Drohnen nur in die Hände von ausgebildetem Fachpersonal oder - in der Hobbyfliegerei - an Orte, die ausdrücklich für den Drohnenflug zugelassen sind.

WERBUNG:



Seitenanzeige: