Zentrum für Essstörungen eröffnet | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Neues Zentrum für Essstörungen am UKT

Stand: 27.09.14 18:29 Uhr

Wer kennt das nicht? Man kommt nach einem stressigen Arbeitstag nach Hause und plündert erst einmal den Kühlschrank. Oder aber man stellt fest, dass man den ganzen Tag nicht zum Essen gekommen ist. - Kein gesundes Essverhalten, das ist klar. Doch wo hört gelegentliches "Stressfuttern" oder -hungern auf und wo fängt eine Essstörung an? Denn Essstörungen sind weit verbreitete und schwerwiegende Erkrankungen. Um die besser erforschen und behandeln zu können, bündelt das Universitätsklinikum Tübingen jetzt seine Kompetenzen - im neuen Zentrum für Essstörungen, kurz KOMET.

Der Gang auf die Waage – für viele der absolute Horror. Besonders junge Frauen lassen sich oft allzusehr von dem beeinflussen, was sie da lesen.

Sie sind besonders anfällig für Essstörungen wie Bulimie, also Ess-Brechsucht und Magersucht. Und das kann für die Betroffenen schnell auch mal lebensbedrohlich werden. Stephan Zipfel, Ärztlicher Direktor vom KOMET beschriebt seine Erfahrungen.

Beispielsweise eine Patientin die sie aufgenommen hätten vor einer Woche mit knapp unter 30 Kilo bei 1 Meter 70 und da könnte man sich schon vorstellen, dass da auch viele Organe in Mitleidenschaft gezogen würden. Das finge beim Herz an, man hätte Herzrythmusstörungen, es ginge über alle Verdauungsorgane bis hin zum Gehirn und einer Einengung von Gedanken.

Nicht weniger gesundheitsschädlich ist es, wenn das Essverhalten ins andere extrem schlägt. Bei der sogenannten Binge-Eating-Störung haben die Betroffenen regelrechte "Fressattacken". Sie vertilgen dann über einen gewissen Zeitraum hinweg übermäßige Mengen. Die Folge: Übergewicht.

Was allen Essstörungen aber gemein ist: die Erkrankten versuchen sie zu verstecken und sprechen nicht darüber, so Zipfel weiter.

Die Betroffenen litten zwar an der Erkrankung, aber sie sei auf der anderen Seite auch eine Scheinlösung. Sie gäbe Autonomie. Die Patientin entschieden sozusagen in ihrem Leben und das sei dann für die Betroffenen gerade im Untergewichtsbereich, die in eine solche Erkrankung reinrutschten, auch ginge es einher mit einem Gefühl von Stärke, man schaffe nämlich was, was andere nicht schafften. Man sei so autonom.

Die meisten Essstörungen, so die Mediziner, nehmen ihren Anfang in jungen Jahren. Das Positive jedoch sei, viele Jugendliche würden es aus einer solchen Phase wieder alleine, mit Hilfe von Familie, Freunden und Lehrern, herausschaffen. Zipfel gibt folgenden Rat.

Das Wichtige sei erstmal es anzusprechen, weil die Betroffenen selber würden es nicht von sich aus ansprechen, würden es nicht thematisieren, sondern würden versuchen es eher im Heimlichen ein Stück weit auszuagieren. Von daher seien Eltern und Lehrer dazu aufgefordert, dass Problem erstmal zu benennen.

Allen, die es nicht alleine schaffen, soll das neue Kompetenzzentrum helfen, denn es vernetzt erstmalig die unterschiedlichsten Disziplinen, die an der Behandlung von Essstörungen beteiligt sind. So kann der Patient vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter adäquat betreut werden. Hinzu kommt die gemeinsame Forschung, mit der nicht nur Hintergründe der Krankheiten, sondern auch effektive Therapieformen erkundet und entwickelt werden sollen.

Damit die Patienten möglichst schnell wieder mit Appetit all das essen können, wonach ihnen gelüstet.

WERBUNG:



Seitenanzeige: