Menschenmenge | Bildquelle: Pixabay.de

Corona-Lexikon:

Herdenimmunität - Was heißt das eigentlich?

Stand: 23.03.20 00:47 Uhr

Herden-Immunität: Dieser Begriff taucht immer wieder in Szenarien zur Corona-Pandemie auf. Was hat es damit auf sich? Fragen Sie sich das auch? Dann ist der nachfolgende Artikel für Sie genau richtig. Wir erklären Ihnen den Begriff - in unserem Corona-Lexikon:

Das Corona-Lexikon: Eine gemeinsame Veröffentlichung von Prometheus Wissenschaftsfernsehen BWeins Landesfernsehen und RTF.1 Regionalfernsehen im "Redaktionsnetzwerk BW"


Frage: Was versteht man unter Herden-Immunität?

Der Begriff "Herden-Immunität" bezeichnet die Anzahl / den Prozentsatz der Mitglieder einer Herde/Gruppe/Population/Bevölkerung, die gegen einen bestimmten Krankheitserreger immun sind. Nachfolgend verwenden wir statt der Bezeichnung "Herde/Gruppe/Population" vereinfacht den Begriff "Bevölkerung":

Ob sich ein Krankheitserreger innerhalb der Bevölkerung ausbreiten kann, hängt davon ab, wieviele Mitglieder dieser Bevölkerung schon eine Immunität gegen diesen Krankheitserreger erworben haben.

Damit eine Krankheit - und damit der Krankheitserreger - "überlebt", braucht der Krankheitserreger die Chance, "rechtzeitig" weitere Menschen anzustecken, bevor sein momentaner Wirt wieder gesund wird.

Dabei gilt:

  1. Wenn es der Krankheitserreger "schafft", von einem Kranken auf mehrere andere Menschen überzuspringen, so wird sich die Krankheit ausbreiten und die Zahl der Infizierten/Kranken zunehmen.
  2. Wenn es der Krankheitserreger schafft, von einem Kranken im Schnitt auf einen anderen Menschen überzuspringen, so wird die Zahl der Infizierten/Kranken etwa gleich bleiben.
  3. Wenn der Krankheitserreger von einem Kranken im Schnitt auf weniger als einen anderen Menschen überspringen kann, wird die Zahl der Infizierten abnehmen und die Krankheit wird schließlich verschwinden.

Wenn nun mit der Zeit genügend Menschen eine bestimmte Krankheit "durchgemacht" haben und gegen die Krankheitserreger immun geworden sind (oder geimpft wurden), dann tritt der oben beschriebene Fall 3. ein:

Der Krankheitserreger findet immer weniger anfällige Menschen, die er ansteckend kann. Wenn ein Kranker aus diesem Grund im Schnitt nur noch weniger als einen anderen Menschen anstecken kann, nimmt die Zahl der Infizierten immer mehr ab: Der Krankheitserreger kann sich in der Bevölkerung nicht mehr "halten", und die Krankheit verschwindet schließlich.

Wenn man nun weiß, wieviele Menschen ein Kranker im Schnitt ansteckt, dann kann man auch ausrechnen, wie hoch die Herdenimmunität sein muss, damit genau dieses Szenario eintritt, die Zahl der Infizierten abnimmt und die Krankheit schließlich verschwindet.

Beim Coronavirus (Covid19-Virus) geht man davon aus, dass ein Kranker im Schnitt 2 bis 3 andere Menschen ansteckt. Damit die Krankheit verschwindet, "darf" bzw. "muss" ein Kranker aber im Schnitt weniger als einen Menschen anstecken. Damit dies bei Corona der Fall ist, müssen zwei Drittel der Bevölkerung gegen den Krankheitserreger immun sein.

Fazit: Sobald zwei Drittel der Bevölkerung gegen das Coronavirus immun sind - weil sie die Krankheit schon durchgemacht haben, oder weil sie geimpft wurden .- wird die Zahl der Infizierten immer mehr abnehmen, und die Krankheit wird verschwinden.

Absichtlich herbeigeeführte  Herdenimmunität ist hochumstritten

Hieraus ergibt sich eine weitere Frage: Ist das Phänomen der Herdenimmunität dazu geeignet, diese "absichtlich" herbeizuführen? Also die "Durchseuchung" der Bevölkerung mit dem Krankheitserreger zu beschleunigen? Um so möglichst rasch eine hohe Immunität in der Bevölkerung zu erreichen, so dass die Krankheit möglichst bald "verschwindet"?

Dieses Konzept ist hoch umstritten. Der Virologe Alexander Kekulé hält das für hochgefährlich: Man müsse nämlich in Betracht ziehen, ob die Krankenhaus-Kapazitäten ausreichen, eine - infolge der raschen, absichtlichen Durchseuchung - große Anzahl gleichzeitig kranker Menschen zu versorgen. Und man müsse auch in Betracht ziehen, wieviele Menschen infolge der absichtlichen Infektion sterben:

Aus der Krise würde eine Katastrophe werden, wenn eine massenhafte Ansteckung .. in wenigen Monaten ablaufe, zitiert Merkur.de den Virologen Kekulé. Auf Deutschland umgerechnet würden demnach 60-70% der Bevölkerung infiziert werden müssen.

Kekulé geht an anderer Stelle von folgenden Zahlen aus: Etwa 10% der Infizierten müssen ins Krankenhaus, jeder 20. muss auf die Intensivstation, und jeder 200.ste stirbt.

Erstveröffentlichung: 21.03.2020-06:20

Jüngste Aktualisierung:21.03.2020-09:37

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