Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bestätigt, dass Bäckereien an Sonn- und Feiertagen in Verkaufsstellen ihr gesamtes Backwarensortiment ohne zeitliche Beschränkung verkaufen dürfen, sofern sie in der Filiale Sitzgelegenheiten vorhalten. Somit dürfen Bäcker außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten auch Brot und unbelegte Brötchen verkaufen. Ausgenommen davon ist die Sperrzeit, die in den meisten Bundesländern zwischen 5 und 6 Uhr morgens liegt. Der BGH stufte damit wie schon zuvor das Land- und Oberlandesgericht München Brot und Brötchen als „zubereitete Speisen" nach dem Gaststättengesetz ein.
Die Wettbewerbszentrale hatte eine bayerische Bäckerei bis vor den BHG verklagt, um die Frage des Sonntagsverkaufes endgültig zu klären. Die Bäckerei hatte bei Testkäufen auch nachmittags noch Backwaren verkauft. Die betreffenden Filialen hatten aber auch Tische und Stühle, waren gleichzeitig ein Café. Schon vor Münchner Gerichten war die Wettbewerbszentrale daher unterlegen.
Michael Wippler, Präsident des Zentralverbandes, erkennt die zwiespältige Sichtweise zum Sachverhalt: „Für viele Handwerksbäckereien sind Sonn- und Feiertage die umsatzstärksten Tage und eine Möglichkeit, sich gegen die Konkurrenz wie Tankstellen und Discounter zu behaupten. Viele Kunden möchten auch am Wochenende das gesamte Backwarensortiment beim Handwerksbäcker vorfinden und kaufen. Andererseits gilt es auch, den Sonn- und Feiertag zu schützen, so dass viele Betriebe nicht öffnen und sich dafür einsetzen, dass diese Tage nicht zu einem normalen Werk- und Verkaufstag ausgeweitet werden", so Wippler.
Der Zentralverband positioniere sich klar gegen eine solche Entwicklung und wolle den Sonntag nicht mit den anderen Wochentagen gleichsetzen. Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider ergänzt: „Um diese Frage ging es jedoch im vorliegenden Fall nicht. Die Karlsruher Richter mussten entscheiden, was eine ‚zubereitete Speise' ist, bestätigten ansonsten aber nur die gesetzlich bestehenden Rahmenbedingungen: Unter Berücksichtigung der Ladenöffnungsgesetze der Länder sowie des Gaststättengesetzes ist es damit nun erlaubt, Brot und Brötchen am Sonntag auch an Laufkundschaft zu verkaufen, sofern der Bäcker daneben eine Sitzgelegenheit für den Verzehr von Speisen oder Getränken vor Ort hat und damit als ‚Gaststättengewerbe' gilt."
Schneider erklärt das Hauptanliegen des Zentralverbandes, der sich für gleiche Wettbewerbsbedingungen aller Marktteilnehmer einsetzt: „In der Vergangenheit mussten wir hinnehmen, dass Tankstellen, Bahnhofssupermärkte und Co. 365 Tage im Jahr Industriebackwaren verkaufen." Handwerksbäckereien hätten hingegen je nach Bundesland meist nur drei bis sechs Stunden öffnen dürfen und den Rest des Tages tatenlos zusehen müssen, wie ihnen Marktanteile entgingen. „Es kann nicht sein, dass Tankstellen oder Supermärkte ganztägig am Sonntag geöffnet haben und aufgebackenes Brot und Brötchen als ‚Reisebedarf' verkaufen dürfen, während Bäckern der Verkauf von qualitativ hochwertigen Backwaren verwehrt wird", kritisiert Schneider. Durch die Entscheidung des BGH habe das Bäckerhandwerk nun für die Verkaufszeiten annähernd gleiche Rahmenbedingungen erreicht, wie sie der Lebensmitteleinzelhandel und andere Wettbewerber schon seit längerem für sich in Anspruch nähmen.
Entsprechend moderne Rahmenbedingungen für das Bäckerhandwerk ließen hingegen beim Thema Produktionszeiten nach Arbeitszeitgesetz auf sich warten, welche aus Sicht des Zentralverbandes dringend an den veränderten Markt angepasst werden müssten. Demnach ist es Bäckereien an Sonn- und Feiertagen erlaubt, lediglich für bis zu drei Stunden Backwaren herzustellen und diese in die Filialen zu liefern. In Zeiten einer Strukturreform im Bäckerhandwerk wird dies nicht mehr als ausreichend erachtet und muss dringend auf acht Stunden ausgeweitet werden. Schneider fordert: „Wenn sich Marktbedingungen und mehrheitlich auch Kundenwünsche verändern, müssen Gesetze entsprechend angepasst werden."
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