Goethe | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

270 Jahre Goethe - Besuch bei den Mitarbeitern des Tübinger Goethe-Wörterbuchs

Stand: 30.08.19 02:37 Uhr

Genau heute vor 270 Jahren wurde der wohl bedeutendste Schöpfer der deutschsprachigen Dichtung geboren - Johann Wolfgang von Goethe. Die Meisten kennen seine Lyrik und seine Dramen - nur Wenige beschäftigen sich allerdings auch mit seinen naturwissenschaftlichen Schriften, seinen Tagebüchern oder Briefen. In der Arbeitsstelle des Goethe-Wörterbuchs in Tübingen sieht das in der Tat anders aus - hier wird sich sogar mit jedem einzelnen Wort, das Goethe je aufgeschrieben hat, auseinandergesetzt.


Das wissenschaftliche Großprojekt, das den individuellen Wortschatz Goethes komplett abbilden soll, wurde bereits im Dezember 1946 gestartet.

Im Vergleich zum deutschen Wortschatz heute, der ca. 40 000 Wörter umfasst, brachte es Goethes Wortschatz auf mehr als das Doppelte, nämlich rund 90 000 Wörter. Diese mussten in mühsamer Arbeit, die Jahrzehnte dauerte, erst einmal aus all seinen Schriften erfasst werden –rund 3,5 Millionen Belege waren das Ergebnis.

Tübingen bildet, neben Hamburg und Berlin, eine der Arbeitsstellen, die die einzelnen Wörterbuch-Artikel produziert.

Fünf Mitarbeiter sowie zwei Hilfskräfte arbeiten jeden Tag daran, dass Goethe-Wörterbuch zu vervollständigen. Mittlerweile ist man den Buchstaben T, U und V angekommen. Der Abschluss in Tübingen ist für 2025/2026 geplant. Sechs Bände, sowie eine Lieferung für Band 7, existieren bereits. Doch an wen richtet sich das umfassende Werk eigentlich?

Dr. Rüdiger Welter, Leiter der Arbeitsstelle an der Universität in Tübingen erklärte, dass das Nachschlagewerk für alle sei, die sich mit der Literatur der Goethe-Zeit beschäftigen, aber auch Historiker, Ideen- und Sprachgeschichtler, fänden darin reichlich Informationen zur Sprache zwischen den Jahren 1770 und 1830.

Der Leiter der Arbeitsstelle verbrachte sein komplettes Berufsleben mit Goethe. Nächstes Jahr geht er in den wohlverdienten Ruhestand. Mit Goethe kommt er aber nach wie vor prima aus. Bei seiner Arbeit hat er natürlich wahnsinnig viel über den Dichter erfahren. Auch Dinge, die kaum einer weiß. So sei Goethe beispielsweise ein Wohltäter gewesen, der junge Leute finanziell unterstützt habe, so Welter. Außerdem habe der mutige Dichter oftmals auch dem Herzog Paroli geboten, so Welter weiter. Goethes Schriften beinhalten weitaus mehr als nur die bekannte Poesie und die Romane.

Goethe als Naturwissenschaftler oder Verwaltungsfachmann – damit verbinden ihn nur die Wenigsten. Das ging auch Dr. Beatrice Frank so, bevor sie wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Goethe-Wörterbuch wurde:

"Mir war von Klein auf der Dichter, der Romanschreiber vertraut, ich wusste so ein bisschen was von Farbenlehre und so, aber das er im Bezug auf Kunstgeschichte, im Bezug auf Musikgeschichte, auf Naturwissenschaftsgeschichte, ein unübergehbarer Entwicklungsschritt war, das war mir vorher nicht klar."

Die langjährige Mitarbeiterin und stellvertretende Arbeitsstellenleiterin Dr. Martina Eicheldinger empfiehlt deshalb, auch jenseits der bekannten Schriften einmal einen Blick auf Goethe zu werfen. Eicheldinger empfiehlt insbesondere Goethes Briefe. Sie seien oft unglaublich lustig und gäben einen unzensierten Einblick in das Innenleben des Dichters.  

Das Goethe-Wörterbuch existiert mittlerweile auch online. Dennoch unterscheidet sich die Arbeitsweise vor Ort kaum von früher.

Es würde immer noch mit Karteikarten gearbeitet, erläuterte die langjährige Mitarbeiterin Sofia Frys. Langweilig wird es den Mitarbeitern mit Goethe nie. Und in all den Jahren stößt man immer wieder auf ganz besondere Zitate oder Formulierungen, erklärt Arbeitsstellenleiter Welter.

Er hat deshalb irgendwann angefangen, solche Zitate zu sammeln und zu ordnen. Herausgekommen ist dann ein Buch mit dem Titel „Mein Gott Goethe". Und da Goethe eben besonders viel geschrieben hat – erscheint im kommenden Jahr einen neue Version mit doppeltem Umfang.

Für alle, die noch mehr über das Goethe-Wörterbuch erfahren wollen, lohnt es sich am Sonntag in unsere Vor-Ort-Reportage einzuschalten.

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