Bilkay Öney zu Gast in Tübingen | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Sorgen und Bürokratie: Flüchtlinge weisen Integrationsministerin auf Probleme hin

Stand: 13.09.14 21:43 Uhr

spenden.net: Krisen und Kriege auf der Welt sorgen dafür, dass viele Menschen ihre Heimat verlassen und Zuflucht im Westen suchen – auch in Deutschland. Alleine im Juli wurden beim Bundesamt für Migration knapp 20.000 Asylanträge gestellt. Das ist der höchste Monatswert seit 1993. Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr knapp 14.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die steigenden Zahlen von Asylsuchenden stellen das Land vor große Herausforderungen. Über diese wollte sich Integrationsministerin Bilkay Öney gestern vor Ort informieren - im Tübinger Asylzentrum.

Die Erwartungen an den hohen Besuch waren groß: Das Asylzentrum Tübingen empfing Ministerin Bilkay Öney mit vielen Wünschen und Anregungen. Der gemeinnützige Verein stellte während einer Gesprächsrunde seine Arbeit vor. Dabei kamen auch Asylbewerber zu Wort und berichteten von ihren Problemen. Für die Flüchtlinge sind die Mitarbeiter des Asylzentrums eine große Stütze.

Nach ihrem Besuch stellte Ministerin Öney fest: "Es gibt hier ein sehr großes ehrenamtliches Engagement, das ist nicht immer selbstverständlich. Umso lobenswerter ist das Engagement im AK Asyl. Das ist eine etablierte Einrichtung, die das schon seit Jahren macht und auf viele Ehrenamtliche zurückgreifen kann." Auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer war gestern zu Besuch und beteiligte sich rege an der Gesprächsrunde.  Palmer weiß um die große Bedeutung des Asylzentrums – gerade im Hinblick auf die steigenden Flüchtlingszahlen. "Wir können das gar nicht alles mit hauptamtlichem Personal schaffen. Deswegen sind solche Strukturen wie das Asylzentrum ernorm wichtig, um überhaupt auf die Leute zugehen zu können, ihnen auch menschliche und persönliche Zuwendung geben zu können." Er sei sehr dankbar, das Asylzentrum in Tübingen zu haben. "Aus diesem Grund hat der Gemeinderat auch dieses Jahr den Zuschuss deutlich erhöht."

Das Asylzentrum unterstützt mit seinen Angeboten und Beratungen die Flüchtlinge und Asylbewerber, um sie besser in die Gesellschaft zu integrieren und ihnen Mut zu machen. Bürokratische Hürden und hohe Kosten erschweren aber das Leben. "Wir würden uns wünschen, dass die Rahmenbedingungen in der Gesellschaft anders wären für die Integration", erklärte Beate Kolb, Sozialpädagogin und Mitarbeiterin des Asylzentrums. Man müsse die  Struktur der Flüchtlingspolitik verbessern und eine zügigere Aufnahme der Flüchtlinge ermöglichen. Kolb beanstandete auch, dass die Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften leben müssen und auf dem Arbeitsmarkt nachrangig behandelt würden.

Integrationsministerin Bilkay Öney hat solche Klagen schon oft gehört und erklärte zu den bürokratischen Hürden, die die Flüchtlinge oft überwinden müssen: "Das Flüchtlingsrecht in Deutschland war von einem sehr abschreckenden Gedanken geprägt. Das zieht sich bis heute durch. Aber ich bin sehr dankbar und glücklich, dass wir durch Diskussionen, auch in der Zivilgesellschaft, zu einer anderen Politik und auch zu vernünftigen Lösung mittlerweile versuchen zu kommen." Öney spielte damit zum Beispiel auf die mögliche Lockerung beim Arbeitsverbot für die Asylbewerber an. Dieses soll von neun auf drei Monate reduziert werden.

In der Gesprächsrunde kristallisierten sich weitere Problem heraus: Zum einen das mangelnde Angebot von Deutschkursen. Es gebe zu wenige solcher Sprachkurse, zudem seien die Kosten sehr hoch, klagten die Mitarbeiter des Asylzentrums. Zum anderen steht die Stadt Tübingen vor der Herausforderung, eine angemessene Unterbringung für die Flüchtlinge zu organisieren. Und das bei einem sehr engen Tübinger Wohnungsmarkt. Man habe aber bereits einige mögliche Standorte gefunden, erklärte OB Palmer. "Die werden wir schon bald dem Gemeinderat vorstellen. Um dann festzulegen, welche diese Standorte tatsächlich genutzt werden sollen für Asylbewerberunterkünfte. Wir wollen nicht, dass es zu viele an einem Standort sind, wir wollen sie möglich klein halten."

Es liegt noch viel Arbeit vor den Kommunen, dem Land und den Bürgern. Man sei laut Öney aber auf einem guten Weg.

WERBUNG:



Seitenanzeige: