Mesale Tolu | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Wieder frei - Meşale Tolu und Sharo Garip berichten von ihren Erfahrungen in der Türkei

Stand: 23.11.18 16:50 Uhr

In der Türkei in einem Gefängnis zu sitzen und nicht zu wissen, wann oder ob man überhaupt wieder rauskommt, ist ein wahres Horrorszenario. Dieser Albtraum ist sowohl für die Ulmer Journalistin Meşale Tolu, als auch für den Kölner Sozialwissenschaftler Sharo Garip wahr geworden. Zum Glück sind beide jetzt wieder in Freiheit. Die Tübinger Linke hatte Tolu und Garip eingeladen, den Bürgern der Universitätsstadt von ihren Erfahrungen zu berichten.


Im April letzten Jahres war eine türkische Antiterroreinheit gewaltsam in die Wohnung von Meşale Tolu im Istanbuler Stadtteil Kartal eingedrungen und hatte die Ulmer Journalistin verhaftet. Tolu wurde Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen.

Die Journalistin hatte dennoch nicht aufgegeben und war freigekommen.

Heute kann sie in Freiheit von ihren Erfahrungen berichten und auch Kritik an der deutschen Türkeipolitik üben.

„Man spricht immer von den Beziehungen. Man spricht davon, dass die deutsch-türkischen Beziehungen sehr gut sind, dass man Partner ist. Aber dann sehen wir bei jedem kleinen Vorfall, dass es doch nicht sehr partnerschaftlich zugeht" so Tolu.

Daher sei es wichtig, dass die Bundesregierung hinter ihren Staatsbürgern stehe und die Türkei auffordere, rechtsstaatlich zu handeln. Sharo Garip ist deutscher Staatsbürger. Er hatte den Aufruf der "Akademiker für den Frieden" unterzeichnet. Die Initiative setzt sich für eine friedliche Lösung des militärischen Konflikts im Südosten der Türkei ein.

„Da wurden wir auch schon terrorisiert und diskriminiert und es wurde uns vorgeworfen, dass wir den Terrorismus unterstützen. Dann wurden wir angeklagt und ich konnte die Türkei auch nicht verlassen. Gegen mich wurde ein Ausreiseverbot verhängt. Ich musste dann zwei Jahre ohne Job, ohne Arbeit und ohne Wohnung in der Türkei bleiben" erzählt Garip.

Eigentlich hatte der Sozialwissenschaftler nur an einer Universität in Istanbul unterrichten wollen. Dann wurde er abgehört, verfolgt und diskriminiert. Ohne die Hilfe seiner Freunde und die Unterstützung der deutschen Botschaft hätte er das wohl nicht allzu gut durchgestanden.

Die Geschichten von Sharo Garip und Meşale Tolu sind keine Einzelfälle. Immer noch sitzen deutsche Staatsbürger aus politischen Gründen in türkischen Gefängnissen. Meşale Tolu und Sharo Garip hegen trotz allem, was sie erlebt haben, keinen Groll gegen die Türkei.

„Mein Verhältnis generell zur Bevölkerung ist sehr gut, auch zum Land selber. Nur habe ich ein Problem mit der Regierung, weil sie sehr allein herrschend und autokrat handelt. Von daher werde ich natürlich weiter auf das Land schauen und mich weiterhin für die Bevölkerung einsetzen" erklärt Tolu.

Die beiden ehemaligen Gefangenen blicken besorgt auf die aktuelle Weltlage. Totalitarismus sei ansteckend, die Welt müsse vorsichtig sein, erklärte Garip.

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