Hand bittet um Hilfe | Bildquelle: pixabay.de

Vertreibung:

Alarmierend hohe Zahl von Waisenkindern in den Rohingya-Camps in Bangladesch

Stand: 23.08.18 08:51 Uhr

Jedes zweite Rohingya-Kind, das sich ohne Eltern in Flüchtlingslagern in Bangladesch aufhält, ist aufgrund brutaler Gewalt zum Waisen geworden. Das zeigt eine neue Untersuchung von Save the Children. Gegenwärtig leben mehr als 6000 unbegleitete Rohingya-Kinder im Flüchtlingscamp Cox"s Bazar in Bangladesch, wo sie mit akuter Nahrungsmittelknappheit konfrontiert und einem erhöhten Risiko von Ausbeutung und Misshandlung ausgesetzt sind.

Am 25. August 2018 jährt sich zum ersten Mal die Vertreibung der Rohingya aus Myanmar. Damals flohen 700.000 Menschen nach Bangladesch, mehr als die Hälfte von ihnen Kinder.

Kinderschutzexperten in den Flüchtlingslagern der Region gingen bisher davon aus, dass die überwiegende Mehrheit dieser Kinder im Chaos der Flucht nach Bangladesch vorübergehend den Kontakt zu ihren Eltern oder Betreuern verloren hat. Aber die Untersuchung legt nahe, dass dies nicht der Fall ist. 70 Prozent der befragten Kinder wurden im Verlauf brutaler Angriffe auf ihre Dörfer oder während der Flucht von ihren Familien getrennt. Die Hälfte aller befragten Kinder gaben an, dass ihre Eltern und Angehörigen getötet worden seien.

Die Studie der Hilfsorganisation basiert auf Gesprächen mit 139 unbegleiteten Rohingya-Kindern und ist die größte ihrer Art.

Save the Children fordert, dass die Täter der systematischen, rücksichtslosen und vorsätzlichen Angriffe in Myanmar nach internationalem Recht für ihre Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden. Die Kinderrechtsorganisation ruft alle Länder dazu auf, entsprechende Initiativen bei den Vereinten Nationen zu unterstützen.

Mark Pierce, Landesdirektor für Bangladesch bei Save the Children, sagte:

Vor zwölf Monaten sahen unsere Teams unbegleitete Kinder in Bangladesch ankommen, die so verstört, hungrig und erschöpft waren, dass sie nicht sprechen konnten. Wir haben Räume für diese Kinder eingerichtet, wo sie rund um die Uhr Betreuung erhielten, während wir nach ihren Angehörigen suchten. Ein Jahr später ist klar, dass es für viele der Kinder keine Vereinigung mit ihrer Familie geben wird.

Diese Kinder, berichtete der Länderdirektor weiter, mussten sich in den Lagern eine vollständig neue Existenz erschaffen: "Ohne Mutter oder Vater, und das in einer Umgebung, in der sie Risiken wie Menschenhandel, Kinderheirat und anderen Formen der Ausbeutung ausgesetzt sind", so Pierce.

Damit Hilfsorganisationen weiterhin lebensnotwenige Hilfe für diese Kinder leisten könnten, müssten Geberländer in den internationalen Rohingya-Hilfsfonds einzahlen. "Von den benötigten 950 Millionen US-Dollar, steht erst ein Drittel zur Verfügung", stellte Pierce fest. "Wir müssen sicherstellen, dass Rohingya-Kinder für die Dauer ihrer Vertreibung Zugang zu sicheren, hochwertigen und inklusiven Lernangeboten haben und dass die Verstörtesten unter ihnen gezielte psychologische Hilfe erhalten."

Save the Children hat in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 350.000 Rohingya-Kinder in Cox's Bazar erreicht, darunter die große Mehrheit derjenigen, die ihre Eltern verloren haben oder von ihnen getrennt sind.

Die Hilfsorganisation hat nahezu 100 kinder- und mädchenfreundliche Räume in den Rohingya-Flüchtlingscamps in Cox's Bazar eingerichtet. Diese bieten knapp 40.000 Kindern einen sicheren Ort, wo sie spielen, sich erholen und wieder Kind sein können. Außerdem unterhält Save the Children Programme, die Zugang zu Bildung, Gesundheit, Nahrung, Wasser und Hygiene ermöglichen.

Susanna Krüger, Geschäftsführerin von Save the Children Deutschland, sagte:

Es ist jetzt ein Jahr her, dass die Kindheit dieser Kinder in Stücke gerissen wurde. Die Welt hat dabei versagt, die Täter dieser barbarischen Angriffe, darunter auch die Armee in Myanmar, zur Rechenschaft zu ziehen. Eine glaubwürdige, unparteiische und unabhängige Untersuchung dieser Verbrechen und der Verletzungen der Kinderrechte ist dringend gefordert.

Die internationale Gemeinschaft müsse sich für eine langfristige Lösung der Krise einsetzen, "die den Rohingya-Flüchtlingen eine sichere, würdevolle und freiwillige Rückkehr erlaubt und die grundlegenden Rechte der Kinder und ihrer Familien respektiert."

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