Heimattreffen in Gruorn | Bildquelle: RTF.1

Gruorn:

Heimat begreifen - Vertriebene beim Heimattreffen

Stand: 01.11.17 15:31 Uhr

Inmitten des ehemaligen Truppenübungsplatzes bei Münsingen erheben sich ruinenhafte Mauern, eine Kirche und ein Schulhaus. Die Geschichte um das ehemalige Alb-Dorf Gruorn steht für Willkür, Vertreibung, Abschiedsschmerz und Heimatverlust. Gruorn ist ein Platz der Erinnerung und des Gedenkens. Wie jedes Jahr haben sich dort auch heute wieder Vertriebene und deren Nachkommen zu einem Gedenkgottesdienst getroffen. Und wir erzählen Ihnen jetzt die Geschichte, die dahinter steht.


Um elf Uhr, jedes Jahr an Allerheiligen, läuten die Glocken der Stephanuskirche Gruorn. Die Kirchenbänke sind gefüllt mit Menschen, die früher selbst in dem kleinen Bauerndorf auf der Uracher Alb gelebt haben – oder sogar hier geboren wurden – und deren Nachkommen. Sie alle kommen Jahr für Jahr aus einem Grund: Die Botschaft sei laut Alfred Weber (1. Vorsitzender des Komitee zur Erhaltung der Kirche in Gruorn e.V.) einfach, dass es doch wert sei, eine Heimat zu haben und diese richtig zu begreifen. Das habe auch mit dem heutigen Gottesdienst zu tun: diesen Grund, den eben die Gruorner dort hätten.

Vor inzwischen 80 Jahren haben diese Menschen ihre Heimat verloren, als das Dorf für die Erweiterung des Truppenübungsplatzes Münsingen weichen musste. Ein erstes Treffen der Vertriebenen gab es im Jahr 1948. Und da wisse Weber von den Familien aus der Ulmer Gegend, Senden, unteres Illertal: "Die wollten natürlich auch hierher. Und die hatten natürlich keine öffentlichen Verkehrsmittel. Sie haben einen Busfahrer gefunden, der hat gesagt: Ich habe einen Bus, ich habe Zeit, aber ich habe keinen Sprit. Und dann haben die Gruorner die paar Liter Diesel, die sie einzeln übrig hatten, zum Busfahrer gebracht und dann wurde getankt und dann sind sie nach Gruorn gefahren, so wichtig war ihnen das."

Von den ursprünglichen Gruornern sind heute nicht mehr viele übrig. Doch sie halten an dieser Tradition fest, sich zweimal im Jahr mit jenen zu treffen, die das gleiche Schicksal erlitten haben. Deshalb sei auch immer an Pfingsten ein großes Heimattreffen. Und Allerheiligen: Da habe man früher die Gräber gerichtet. Und dann seien die Gruorner auch hierher gekommen und hätten die Gräber hier auf dem Friedhof gerichtet - so Weber. "Und als wir dann einen Verein gegründet haben, das Komitee zur Erhaltung der Kirche in Gruorn, hat man das dann zusammengenommen: Gräber richten und nachmittags die Hauptversammlung machen."

Der Vereinsvorsitzende geht davon aus, dass es auch in Zukunft noch viele Heimattreffen geben wird – denn schon heute kommen nicht nur die einst hier Geborenen, sondern auch deren Kinder, Enkel und Urenkel. Dass jemals wieder Menschen in Gruorn leben werden, hält Weber aber für äußerst unwahrscheinlich.

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