Mutmaßlicher Supermarkt-Erpresser | Bildquelle: Polizei

Babynahrung vergiftet:

Lebensmittel-Erpresser gefasst! Polizei: Beweismittel reichen für Haftbefehl - Spezial-Einsatzkräfte verhaften mutmaßlichen Babynahrungs-Vergifter bei Tübingen

Stand: 30.09.17 16:28 Uhr

Die hochgefährliche Lebensmittel-Erpressung ist offenbar zu Ende. Die in der Wohnung des Festgenommenen gefundenen Beweismittel reichen für einen Haftbefehl. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft auf einer Perssekonferenz mit. Der Mann hatte vergiftete Babbynahrungs-Gläschen in Supermärkten in Friedrichshafen deponiert und anschließend mehrere Millionen Lösegeld gefordert. Spezial-Einsatzkräfte namen den 55-jährigen in Ofterdingen bei Tübingen fest. Bei der Polizei gingen 1.500 Anrufe und 400 E-Mails ein. Der entscheidende Tipp kam aus der Bevölkerung an ein Call-Center. Hier die Details:


Die bundesweite Erpressung verschiedener Handelskonzerne, die am 16. September mit einer E-Mail an mehrere Handelskonzerne und weitere Adressaten, darunter auch die Polizei, begonnen hatte, endete gestern Abend mit der vorläufigen Festnahme eines 53-jährigen Mannes in einer Gemeinde im Landkreis Tübingen.

Die Ermittlungsbehörden kamen im Laufe des gestrigen Tages auf die Spur des dringend Tatverdächtigen, nachdem aufgrund der im Bundesgebiet und im benachbarten Ausland veranlassten Öffentlichkeitsfahndung mehrere konkrete Hinweise auf die Person beim Callcenter des Polizeipräsidiums Konstanz eingegangen waren.

Insgesamt gingen bei der Polizei etwa 1.500 Anrufe und zirka 400 E-Mails ein. In den meisten Fällen handelte es sich um besorgte Bürgerinnen und Bürger, die nachfragten, worauf sie beim Einkauf von Lebensmitteln achten sollen. Allerdings konnten auch rund 300 Hinweise mit unterschiedlicher Qualität entgegengenommen werden, die priorisiert an die Sonderkommission weitergeleitet wurden.

Neben der Hinweisaufnahme beim Polizeipräsidium stand auch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg als Ansprechpartner für die Verbraucher im Umgang mit Lebensmitteln zur Verfügung.

Die konkreten Hinweise aus der Bevölkerung führten zu zielgerichteten Ermittlungs- und Überprüfungsmaßnahmen, die letztlich in der vorläufigen Festnahme des 53-Jährigen durch Spezialkräfte der Polizei des Landes Baden-Württemberg mündeten. Anschließend wurde der Tatverdächtige der Sonderkommission in Friedrichshafen überstellt.

Während der Mann sich bislang ausschweigt, haben die Ermittler in seiner Wohnung Beweismittel aufgefunden und sichergestellt, welche die Staatsanwaltschaft veranlasst haben, beim zuständigen Amtsgericht einen Haftbefehl wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung gegen den Festgenommenen zu beantragen.

Noch sei viel Ermittlungsarbeit erforderlich, so die Polizei, um diesen bedeutsamen Erpressungsfall aufzuarbeiten.

Zu Spitzenzeiten waren in der "Besonderen Aufbauorganisation des Polizeipräsidiums" (BAO Apfel), die eigens zur Bewältigung dieser Erpresser-Lage eingerichtet wurde, weit über 200 Beamtinnen und Beamten eingesetzt. Rund um die Uhr wurde mit einem sehr hohen Aufwand an diesem Fall gearbeitet, um Gefahren für die Verbraucher zu verhindern und den mutmaßlichen Erpresser festzunehmen.

Die Ermittlungsbehörden bedanken sich ausdrücklich für die vielen Hinweise aus der Bevölkerung, ohne deren Mithilfe, dieser rasche Ermittlungserfolg nicht möglich gewesen wäre.

Die Polizei mahnt weiterhin zur Vorsicht beim Einkauf von Lebensmitteln: "Leider kann noch keine endgültige Entwarnung geben werden, was das Vorhandensein eventuell weiterer vergifteter Lebensmittel im Handel angeht. Bislang ist nicht sicher bekannt, ob der mutmaßliche Täter nicht doch weitere Produkte vergiftet und in den Handel gebracht hat. Bürgerinnen und Bürger werden daher weiterhin um erhöhte Aufmerksamkeit beim Kauf von Lebensmittelprodukten gebeten. Bei Verpackungen ist nach wie vor auf eventuelle Beschädigungen zu achten."

Der Mann soll in Ofterdingen im Landkreis Tübingen festgenommen worden sein. Spezialkräfte der Polizei des Landes Baden-Württemberg fassten den Mann gestern Abend. Der Tatverdacht gegen den vorläufig festgenommenen 55-jährigen deutschen Staatsangehörigen hat sich bis zum frühen Samstag Morgen  erhärtet. Er gelte, so die Polizei, zwischenzeitlich als dringend tatverdächtig. Auf den Mann war die Sonderkommission durch Hinweise aus der Bevölkerung aufmerksam geworden.

Auf einer Pressekonferenz am heutigen Samstag gaben Polizeipräsidium Konstanz und Staatsanwaltschaft Ravensburg dann die weitere Details zu dem mutmaßlichen Erpresser und dem Ermittlungsverfahren bekannt.

Am späten Freitag Abend - um 21:56 Uhr - hatte die Polizei in einer Presseinformation mitgeteilt: "Die Sonderkommission überprüft derzeit einen Verdächtigen, auf den die Ermittler durch Hinweise aus der Bevölkerung aufmerksam geworden sind."

Da bei der Vielzahl von den eingegangenen Hinweisen auf bestimmte Personen umfangreiche Überprüfungen noch im Gange seien, konnte laut Polizei gestern Abend "noch nicht gesagt werden, ob es sich bei der Person im Landkreis Tübingen tatsächlich um einen möglichen Tatverdächtigen im Zusammenhang mit dem Erpressungsfall handelt." Offenbar hat sich über die Nacht der Tatverdacht gegen den 55-jährigen dringend erhärtet.

Nach dem Fund vergifteter Babynahrung in Friedrichshafen am Bodensee hatte die Polizei überregional mit Hochdruck nach einem Erpresser gefahndet. Aufgrund der Fahndung waren laut Polizei hunderte Hinweise eingegangen. Die Ermittler hatten auch ein Fahndungsvideo veröffentlicht, das den mutmaßlichen Erpresser zeigt. Er forderte einen Millionenbetrag.

Der Täter hatte in einem Schreiben an unterschiedliche Adressaten einschließlich der Polizei angedroht, bei Nichterfüllung seiner Geldforderung in Lebensmittel- und Drogeriemärkten im In- und Ausland vergiftete Lebensmittel zu deponieren.

Die Ermittlungsbehörden und die amtliche Lebensmittelüberwachung nahmen diese Drohung sehr ernst: Der Täter hatte bereits in verschiedenen Friedrichshafener Einkaufsmärkten fünf vergiftete Gläschen mit Babynahrung deponiert. Danach gab er einen Hinweis. Angestellte und Polizei konnten die Gläschen sicherstellen.

Da nicht ausgeschlossen werden konnte,dass weitere vergiftete Gläschen im Umlauf gebracht werden könnten, wurden die Verbraucher deshalb aufgefordert, besonders auf Beschädigungen der Produktverpackungen oder das Fehlen des Unterdrucks (besonders bei Glasverpackungen mit Schraubverschluss) zu achten. Deckel von ordnungsgemäß verschlossenen Gläsern weisen üblicherweise eine Wölbung nach innen auf, beim Öffnen ist ein Knackgeräusch zu hören.

Die Warnung wird auch von den Handelskonzernen verbreitet, etwa vom Drogeriemarkt dm mit Sitz in Karlsruhe. Alle Mitarbeiter in den dm-Märkten seien angewiesen, "besonders aufmerksam zu sein und sich bei Auffälligkeiten umgehend an einer zentralen Stelle zu melden, um dann die nötigen Schritte einzuleiten."

Derzeit liegen von der Polizei keine Informationen darüber vor, ob beim Einkaufen Entwarnung gegeben werden kann, oder ob sich auch nach der jetzt erfolgten Festnahme des Täters noch vergiftete Babynahrung im Umlauf befindet.

Werden beim Einkauf verdächtige Produkte festgestellt, werden die Verbraucher gebeten, sofort das Verkaufspersonal zu informieren. Stellen Verbraucher zu Hause eine Manipulation von Verpackungen fest, können diese beim Ladengeschäft oder bei jeder Polizeidienststelle abgegeben werden.

Der Erpressung dringend verdächtig, zumindest daran beteiligt zu sein, ist der abgebildete Mann, der vergangene Woche in einem Lebensmittelmarkt in Friedrichshafen von einer Überwachungskamera erfasst wurde. Ob es sich dabei um den jetzt festgenommenen dringend Tatverdächtigen handelt, und ob an der Erpressung einer oder mehrere Täter beteiligt waren, wurde von der Polizei bislang nicht mitgeteilt.

Daher veröffentlichen wir auch folgenden Aufruf weiterhin: "Personen, denen der abgebildete Mann auffällt, die diesen in den vergangenen Tagen gesehen haben, die Hinweise zu seiner Identität geben können oder Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Erpressungsfall wahrgenommen haben, werden gebeten, sich mit dem Polizeipräsidium Konstanz unter Tel. 0049 (0)7531 995 – 3434 oder Friedrichshafen.KD.callcenter@polizei.bwl.de in Verbindung zu setzen."

Stand: 30.09.2017 - 15:46

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