Wer nun an im Barrique ausgebaute Weine denkt, die für manche „rauchig" schmecken, erfährt von der Wissenschaftlerin, dass es damit nicht vergleichbar sei. Doch was passiert in der Frucht? Für eine Studie ging ein Team an der TUM diesem Rauchgeschmack auf den Grund. Die Ergebnisse haben Professor Wilfried Schwab und sein Team von der Professur für die Biotechnologie der Naturstoffe im Fachmagazin „Journal of Agricultural and Food Chemistry" beschrieben.
Gib' dem Aroma Zucker!
Geruchsstoffe sind flüchtig und werden in der Natur, beispielsweise in Pflanzen, an Zucker gekoppelt. Mit dieser zuckrigen Verbindung gelingt es, das Aroma zu halten oder zu stabilisieren. Später kann der Geruchsstoff dann wieder vom Zucker entkoppelt und freigesetzt werden. Dieser Prozess wird Glykosylierung genannt. Er beschreibt eine Reihe von chemischen oder enzymatischen Reaktionen, bei denen Kohlenhydrate beispielsweise an kleine, wassermeidende Verbindungen wie etwa Aromen gebunden werden. Dafür ist ein Enzym namens Glykosyltransferase verantwortlich.
Sind Weinreben Buschfeuern ausgesetzt, wie es in Australien, Süditalien oder Kalifornien öfter passiert, nimmt der Rebstock die rauchigen Aromen über seine Blätter und Früchte auf. In der Pflanze werden die Fehlaromen anschließend durch eine Glykosyltransferase – ein Protein, welches als Biokatalysator wirkt – mit Zuckermolekülen verknüpft. Durch diese Verknüpfung mit Zuckermolekülen werden die rauchigen Fehlnoten wasserlöslicher gemacht. Als Folge lagert die Weinrebe die nun nicht mehr flüchtigen Raucharomen ein.
Statt Resveratrol werden Raucharomen einverleibt
Aber warum verarbeitet die Glykosyltransferase diese ihr fremden Stoffe? Auch hierauf hat das Team um Prof. Schwab eine Erklärung: „Eigentlich besteht die Aufgabe der Glykosyltransferase darin, das sogenannte Resveratrol zu verarbeiten." Denn Resveratrol, ein Stoff mit gesundheitsfördernder Wirkung, ist natürlicherweise in der Weinrebe enthalten und ähnelt von der Struktur her den rauchigen Aromamolekülen. So lange wie nun die Trauben noch nicht geerntet wurden, sind die stinkenden Rauchmoleküle gebunden und der aschige Geruch und Geschmack kann nicht bemerkt werden.
Bei der Gärung spalten jedoch die durch den Gärprozess zugesetzten Weinhefen die Zuckermoleküle wieder ab und der Geruch entfaltet sich. „Ergo fällt im fertigen Wein erstmals auf, dass der Weinberg einem Feuer ausgesetzt war und das Endprodukt von schlechter Qualität ist", erklärt Erstautorin Katja Härtl. Denn die Glykosyltransferase hat dafür gesorgt, dass mit den Rauchmolekülen fremde Aromen eingelagert wurden, die vom Konsumenten nicht gewünscht sind.
„Wir wissen jetzt, wie sich ein solcher Geschmack entwickeln kann", sagt Prof Wilfried Schwab. „Im nächsten Schritt können wir versuchen entweder Weinreben mit weniger Glykosyltransferase zu züchten. Oder wir hängen einen zweiten Zucker an, um die Freisetzung der schlechten Aromen zu verhindern." Alternativ könnten auch Hefen bei der Gärung verwendet werden, die nicht in der Lage sind die Raucharomen freizusetzen. Ebenso kann das dafür zuständige Gen entfernt werden, was jedoch Konsumenten hierzulande eher ablehnen.
Die Aufklärung des molekularen Mechanismus, der zur Bildung von unerwünschten Aromen in Wein führt, ermöglicht es nun Winzern verschiedene Gegenmaßnahmen zu treffen, um die Qualität des alkoholischen Getränkes zu gewährleisten.
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