Helmut Haussmann | Bildquelle: RTF.1

Eningen u.A. / Berlin:

Ehemaliger Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann rät: Die AfD nicht zu ernst nehmen!

Stand: 26.09.17 16:00 Uhr

Nach der Bundestagswahl am Sonntag ist eine Jamaika-Koalition sehr wahrscheinlich - zumindest aus Sicht des Bad Uracher FDP-Politikers Helmut Haussmann. Der ehemalige Bundeswitschaftsminister war zu Besuch in unserer Redaktion. Dabei äußerte er sich nicht nur über das positive Ergebnis seiner eigenen Partei, sondern auch über den Aufstieg der AfD und mögliche Koalitionen.


Die Partei von Helmut Haussmann ist ein klarer Gewinner der Bundestagswahl. Über das Ergebnis der FDP ist der Politiker sichtlich erfreut. Jedoch hätten solche Wahlergebnisse immer zwei Seiten: Das Vordringen der AfD findet Haussmann beängstigend – in seinen Augen handelt es sich dabei um eine europaweite Entwicklung.

Was ihn ebenfalls traurig stimmen würde, sei ein gewisser Niedergang der Sozialdemokraten. Haussmann war damals im Bundestag, in einer sozial-liberalen Koalition. Die SPD werde auch international als Stabilitätsfaktor in Deutschland gesehen. Aber auch hier gebe es eine Tendenz europaweit.

Den Rückzug der Sozialdemokraten in die Opposition kann Haussmann verstehen. Somit wäre die SPD die erste Oppositionspartei – und nicht die AfD. Deren Themen wiederum sollte man nicht so ernst nehmen, rät Haussmann: "Sie hat eine Tendenz, zuzuspitzen, das dann zurückzunehmen, und die anderen Parteien verfangen sich zu sehr in einer Reaktion darauf. Die großen Themen in der Wirtschaft, in der internationalen und Europapolitik sind andere. Da hat die AfD keine Antworten. Wenn sie keine Antworten hat, dann sollte man auch darüber hinweggehen und sie stellen. Mann muss sie inhaltlich stellen und darf sich nicht provozieren lassen."

Durch den angekündigten Rückzug der SPD aus der Regierung in die Opposition bleibe als mögliche Koalition eigentlich nur noch die Jamaika-Koalition – in Haussmanns Augen nicht die schlechteste Lösung, sondern ein demokratischer Fortschritt. Die FDP habe in der Tat gefehlt. Es habe eine große Koalition gegeben, die viel Gefälligkeitspolitik gemacht habe und die ja dann von einer überwiegend linken Opposition eher kritisiert worden sei. Das sei alles zu wenig. Da habe sich eine Lücke aufgetan und die habe die FDP – insbesondere auch durch die Persönlichkeit von Christian Lindner – toll genutzt. Das verpflichte natürlich auch, dass die Wähler in der Mitte nachher in der Koalition ihre Interessen wiederfinden würden.

Die Angewohnheit der Parteien, sich auf EIN Wahlthema zu spezialisieren, ist in Haussmanns Augen eine Gefahr, die im Nachhinein den demokratischen Konsens erschweren würde. Die Parteien sollten sich schon im Wahlkampf bewusst machen, was sie gemeinsam für Deutschland tun könnten. Das gemeinsame Interesse sei natürlich mitten in Europa, eine stabile Regierung zu bilden, die sich um die Fragen der sozialen Gerechtigkeit kümmere, und natürlich auch um wirtschaftlichen Fortschritt. Da sei wichtig, was Herr Lindner und die FDP machen: moderne Ansätze und Digitalisierung - aber auch gleichzeitig mit den Grünen, das zentrale Thema der Ökologie praktisch betont. Eine Koalition aus einer konservativen Partei, einer modernen, reformorientierten Partei und einer ökologischen Partei könne sich der frühere Bundeswirtschaftsminister daher gut vorstellen.

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