Wolf | Bildquelle: pixabay.com

Stuttgart / Schluchsee:

NABU & BUND verurteilen illegalen Abschuss des Schlusee-Wolfs - Artenschutz: Schon 24 Wölfe erschossen!

Stand: 08.08.17 17:31 Uhr

Naturschützer bei NABU und BUND reagieren mit Entsetzen auf die Nachricht vom illegalen Abschuss des Schluchsee-Wolfs. Das hatte eine Untersuchung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Berlin) ergeben. Bei der illegalen Tötung des Wolfs handele es sich um eine Straftat, so Baden-Württembergers Umweltminister Untersteller.

NABU: Wolf in Baden-Württemberg illegal erschossen – 24. Fall in Deutschland

Miller: Null Toleranz für Wolfs-Wilderei / Politik darf illegale Tötungen mit Forderung nach Abschussquote nicht salonfähig machen

Der am 8. Juli im Schluchsee (Schwarzwald) tot aufgefundene Wolfsrüde wurde nachweislich erschossen. Dies ergab die Obduktion durch das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin. Der Rüde war vermutlich erst der vierte Wolf in Baden-Württemberg seit seiner Ausrottung vor über 150 Jahren.

Mit ihm sind deutschlandweit bereits 24 Wölfe seit dem Jahr 2000 illegal getötet worden. „Das sind keine Einzelfälle mehr. Offenbar gibt es Menschen, die gezielt Jagd auf Wölfe machen", sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Er forderte die zuständigen Behörden und Minister auf, entschlossener gegen illegale Wolfstötungen vorzugehen und Täter entsprechend strafrechtlich zu verfolgen. Bislang gab es nur drei Verurteilungen – in allen Fällen hatten sich die Täter selbst gestellt.

Nicht zu unterschätzen sei auch die Dunkelziffer an nicht aufgefundenen Wolfskadavern sowie versuchten Abschüssen ohne Todesfolge. So hatte etwa ein junger weiblicher Wolf, der Anfang Juli bei einem Verkehrsunfall im Kreis Elsterheide (Sachsen) zu Tode kam, einen Schrotbeschuss überlebt. Die routinemäßige Untersuchung des Kadavers hatte Kugeln gezeigt, die über den gesamten Körper verteilt waren. Nur knapp 30 Kilometer südlich dieses Fundorts musste vergangenes Jahr zudem ein angefahrener Wolfswelpe eingeschläfert werden. Auch bei ihm wurden bei der anschließenden Obduktion Schrotkugeln im Muskelgewebe gefunden.

Als besonders verantwortungslos bezeichnete der NABU die Äußerungen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, der in der BILD-Zeitung eine Abschussquote für Wölfe gefordert hatte. „Es sind genau solche unsachlichen Forderungen, die dazu führen können, dass Einzelne glauben, mit der Tötung eines Wolfes auch noch Gutes zu tun", sagte Miller. Statt die Jagd auf Wölfe zu fordern, müsse Schmidt endlich die wissenschaftliche Realität anerkennen, dass seltene große Beutegreifer nicht bejagt werden müssen. „Auch seine Behauptungen, dass Menschen in Wolfsregionen nicht mehr allein in den Wald gehen können, zeugen entweder von grober Unwissenheit oder gezielter Stimmungsmache gegen den Wolf", so der NABU-Bundesgeschäftsführer.

Seit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland im Jahre 2000 hat es keine Situation gegeben, in der sich ein Wolf einem Menschen gegenüber aggressiv verhalten hat. Dennoch gibt es auch für eine solche Ausnahmesituation eine Regelung, bei der die letale Entnahme eines Wolfes möglich ist. Gleiches gilt, falls ein Wolf besonderen wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Eine solche Maßnahme bedarf in jedem Fall einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung. „Die Gesetzeslage ist klar: Wölfe sind europaweit geschützt. Dass es dennoch immer wieder zu illegalen Wolfstötungen kommt, dürfen die verantwortlichen Politiker nicht tatenlos hinnehmen", forderte der NABU-Bundesgeschäftsführer.

Miller kritisierte zudem das Schüren von Ängsten vor dem Wolf zu Wahlkampfzwecken. „Es ist völlig unangemessen vom Bundeslandwirtschaftsminister, den Landwirten zu suggerieren, der Abschuss eines Wolfes könne ihre Weidetiere dauerhaft schützen", so Miller. Vielmehr sei es eine ganze Reihe von erprobten Herdenschutzmaßnahmen, die Schäden durch Wölfe erfolgreich minimieren. Es liege in der Verantwortung des Ministers, entsprechende finanzielle und politische Rahmenbedingungen für den Schutz von Weidetieren zu schaffen.

„Herr Schmidt hätte seine Zeit im Amt deutlich besser nutzen können als mit immer wiederkehrenden Plattitüden sein Unwissen zum Thema Wolf offenzulegen", sagte Miller. Wölfe lebten seit nunmehr 17 Jahren in Deutschland. Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe es in der Zeit immer noch nicht geschafft, ein zentrales Kompetenzzentrum für den Herdenschutz auf Bundesebene aufzubauen.

Weitere Informationen zum Wolf unter: www.NABU.de/wolf

NABU verurteilt illegalen Abschuss des Schluchsee-Wolfs

„Ich bin bestürzt und es stimmt mich traurig zu wissen, dass der Schluchsee-Wolf nur wenige Tage in unserem Land überlebt hat, bis er auf kriminelle Weise von einem Menschen getötet wurde. Der NABU verurteilt diese skrupellose Straftat und wird Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft erstatten", kündigt Ingrid Eberhardt-Schad vom NABU Baden-Württemberg an.

Bei dem im Schluchsee gefundenen Wolf handelt es sich deutschlandweit bereits um den 24. Wolf, der illegal getötet wurde. „Das zeigt, wie wichtig sachliche Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung, vor allem aber auch bei Jägerinnen, Jägern und Tierhaltern ist", stellt Eberhardt-Schad fest. „Ich finde es daher sehr wichtig, dass sich der Landesjagdverband entschieden gegen illegale Wolfsabschüsse positioniert und solche Taten ebenso wie der NABU verurteilt", sagt Eberhardt-Schad.

Baden-Württemberg hat eine wichtige Brückenkopffunktion zur Verbindung der zentraleuropäischen Wolfpopulation im Norden und Osten Deutschlands und der Wolfpopulation in den Alpen. Die Wanderung der Wölfe ermöglicht den genetischen Austausch und ist Voraussetzung für eine gesunde Bestandsentwicklung. „Wir werden wieder lernen müssen, mit dem Wolf zu leben. Die nördlichen und östlichen Bundesländer machen uns das vor. Gute Aufklärungsarbeit und Prävention gehören aber zwingend dazu", betont die NABU-Expertin. „Es ist klar, dass auch wir uns hier im Ländle auf die Rückkehr von Meister Isegrim vorbereiten müssen." Gemeinsam mit dem Landesschafzuchtverband hat der NABU in den vergangenen zwei Jahren ein Pilotprojekt zum Herdenschutz initiiert, um Erfahrungen mit wolfssicheren Zäunen und Herdenschutzhunden zu sammeln. Die Ergebnisse werden Mitte September vorgestellt.

BUND: Auch Wölfe haben ein Lebensrecht in Baden-Württemberg!

BUND fordert eine Sonderermittlungseinheit in Baden-Württemberg für schwere Artenschutzvergehen

Naturschützer beim BUND reagieren mit Trauer und Wut auf die Nachricht, dass der vor einem Monat tot aus dem Schluchsee geborgene Wolf nach Untersuchungen des Berliner Leibniz-Instituts an einer gezielten Schussverletzung gestorben ist.

„Tiere streng geschützter Arten werden immer wieder aus egoistischen oder ideologischen Gründen getötet. Das ist zu Recht strafbewehrt. Illegale Tötungen von Wildtieren, seien es Wölfe, Luchse, Greif- oder Rabenvögel dürfen nicht länger als Kavaliersdelikte durchgehen." betont die BUND-Landesvorsitzende Dr. Brigitte Dahlbender.

Der BUND fordert eine landesweite polizeiliche Sonderermittlungseinheit mit speziell geschultem Personal für Fälle illegaler Tötungen streng geschützter Arten. Denn die meisten Tötungen blieben bislang unaufgeklärt, die hohen Strafen nach dem Naturschutzgesetz hätten damit kaum abschreckende Wirkung.

"Einen Wolf zu erschießen, ist eine Straftat"

Umweltminister Franz Untersteller sagte : „Einen Wolf zu erschießen ist eine Straftat. Ich bedauere es sehr, dass ein Mensch das Leben dieses seltenen Geschöpfes mit Gewalt ausgelöscht hat."

Umweltminister Franz Untersteller wies darauf hin, dass der aus Schneverdingen (Niedersachsen) stammende Wolf bis zum Schluchsee über 600 Kilometer zurückgelegt hat und mindestens zwei Wochen in Baden-Württemberg unterwegs gewesen ist. „Uns liegt kein Hinweis darauf vor, dass der Wolf auf seiner Wanderschaft durch unser Land Nutztiere wie Schafe oder Ziegen angegriffen hätte. Ich bedauere es sehr, dass trotzdem ein Mensch das Leben dieses Geschöpfes mit Gewalt ausgelöscht hat."

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg geht davon aus, dass es sich bei dem toten Wolf um dasselbe Tier handelt, das am 21. Juni bei Überlingen und anschließend auch in der Nähe von Stockach, bei Bad Dürrheim sowie letztmals, am 4. Juli, in der Gegend von Breitnau im Hochschwarzwald gesichtet wurde.

Der Wolf unterliegt internationalen und nationalen Schutzvorschriften, darunter dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen oder der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist er eine streng geschützte Tierart.

Das rechtswidrige Töten eines Wolfes stellt eine Straftat dar, für die das Bundesnaturschutzgesetz eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorsieht. Das Tierschutzgesetz sieht hierfür eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Zuständig für die weiteren Ermittlungen ist die Staatsanwaltschaft Freiburg.

Die Überreste des sezierten Wolfes befinden sich derzeit noch im Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. Als mögliches Beweismittel werden sie bis auf Weiteres verwahrt.

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Quellen:

Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft BW

NABUDeutschland / NABU Baden-Württemberg

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

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