Mammut-Figur aus Elfenbein | Bildquelle: RTF.1

Tübingen:

Funde der Eiszeithöhlen: Uni feiert Weltkulturerbe und Nicholas-Conard-Team

Stand: 04.05.18 18:32 Uhr

Es ist ein gewaltiger Titel, mit dem sich jetzt sechs Höhlen auf der Schwäbischen Alb bezeichnen dürfen: Wegen der dort gefundenen einmaligen Kunst aus der Eiszeit sind diese jetzt in den Status eines kulturellen Erbes der gesamten Menschheit aufgerückt. Dass sich Vogelherdhöhle, Bockstein, Sirgenstein, das Geißenklösterle und der Hohle Fels sich jetzt mit diesem UNESCO-Prädikat schmücken dürfen, hat mit einem Mann und dessen Grabungsteam zu tun, der an der Universität Tübingen arbeitet: Nicholas J. Conard, Professor für Ur- und Frühgeschichte, hat im Laufe seiner jahrzehntelangen Forschungen, zusammen mit seinem Team, unter anderem die älteste figürliche Darstellung und das älteste Musikinstrument der Menschheitsgeschichte entdeckt. Gestern Abend hat die Uni die Aufnahme in die Weltkulturerbelist gefeiert.


Er ist der Mann, dem Baden-Württemberg ein weiteres Weltkulturerbe zu verdanken hat: Gestern wurden er, sein Team und die Fakultät für ihre Erfolge um den Weltkulturerbetitel geehrt: Professor Nichols J. Conard, heute Direktor der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärokologie am Institut der Ur- und Früh-Geschichte und Archöologie des Mittelalters der Tübinger Eberhard Karls Universität.

Im Zuge seiner Forschungen zu frühen Menschheitsentwicklung, die Conard unter anderem nach Syrien, Südafrika und in den Iran führten, begann der US-Amerikaner in den 90er Jahren mit Ausgrabungen in Höhlen des Donau- und Lone-Tals.

Der Durchbruch, der Conard und sein jetzt rund 20-köpfiges Team weltweit berühmt machte: 2008 gelang es, aus sechs gefundenen, bearbeiteten Elfenbeinstücken aus dem Hohle Fels eine Venus-Figur zusammenzusetzen: Die rund 40 000 Jahre alte, älteste bisher gefundene figürliche Darstellung der Menschheitsgeschichte. Spektakulär war auch der Fund einer Mammutfigur. Später gesellte sich das älteste Musikinstrument der Welt dazu: eine Flöte aus Geierknochen.

Die jetzt ausgezeichneten Alb-Höhlen erweisen sich dadurch als eine Art Brennglas unerwartet früher kultureller Entwicklungen des modernen Menschen. Deren 40 000 Jahre lange unbekannten Geheimnisse, so die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, die den dunklen Albhöhlen lagerten, und die das Tübinger Team um Conard der Dunkelheit entriss, seien auch eine große Chance für die Museen, die die Exponate ausstellen; so auch für das direkt angrenzende Museum der Uni Tübingen. Hier und in Blaubeuren sind die Besucherzahlen bereits deutlich gestiegen.

Die gefundenen Menschheitsschätze stünden für „die Stunde Null der Schönheit" oder dafür, „wie der Mensch Mensch wurde", so Bauer. Der Mensch sei "in Baden-Württemberg geworden".

Bis dieses Werden aber sichtbar wurde, dauerte es und brauchte viel Geduld. Ganz anders sei dies, als "nicht wenige Leute" meinen, so Conard. Es sei nicht so, dass man "einen Spatenstich und habe dann etwas. Das könnte nicht weiter von der Realität entfernt sein. Es sei genau das Umgekehrte".

In jahrelangen Untersuchungen werden gehobene Erdschichten Partikel für Partikel geduldig ausgewertet. Conards ist sich indessen sicher: auch in den Folgejahren könne man damit rechnen, dass man dem Dunkel um das menschlichen Werden weitere spektakuläre Fund und neue Erkentnisse entreiße.

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