Während der letzten 800.000 Jahre zeigten antarktische Temperaturen und atmosphärischer Kohlendioxidgehalt eine im Wesentlichen gleichgerichtete Entwicklung. Doch der Übergang in die letzte Eiszeit verlief anders: Vor ca. 80.000 Jahren sanken die Temperaturen, der Kohlendioxidgehalt aber blieb stabil. Ein internationales Forscherteam unter gemeinsamer Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung hat nun mit Hilfe von Modellrechnungen herausgefunden, dass ein Zusammenspiel aus abfallendem Meeresspiegel und zunehmender Vulkanaktivität zu der Anomalie geführt haben könnte. Die Ergebnisse erscheinen heute in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications.
Bei der Entwicklung des Klimas gibt es Regelmäßigkeiten, die sich über lange Abschnitte der Erdgeschichte verfolgen lassen. Eine davon lautet: Die globalen Durchschnittstemperaturen und der Anteil von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre entwickeln sich mehr oder weniger gleichgerichtet. Vereinfacht ausgedrückt heißt das: Sinken die Temperaturen, sinken auch die CO2-Werte und umgekehrt.
Doch es gibt Ausnahmen von dieser Regel. Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung hat jetzt eine mögliche Ursache für eine derartige Unregelmäßigkeit entdeckt. Ein Beispiel ist der letzte Übergang zu eiszeitlichen Bedingungen. Vor circa 80.000 Jahren sanken zwar die Temperaturen, aber die Menge des Kohlendioxids in der Atmosphäre blieb für mehrere tausend Jahre relativ stabil. Der Grund dafür könnte in einem Wechselspiel aus sinkendem Meeresspiegel und erhöhter mariner Vulkanaktivität liegen. So berichten es die Forschenden nun in der internationalen Fachzeitschrift Nature Communications.
In der Übergangsphase von einer Warm- zu einer Kaltzeit bilden sich aufgrund abnehmender Temperaturen kontinentale Eisschilde aus, die große Mengen an Wasser binden. Dadurch sinkt der Meeresspiegel und damit die Wasserlast, die auf den Ozeanboden – und damit auf die Erdkruste - einwirkt.
„Um diese Prozesse besser zu verstehen und zu quantifizieren, haben wir ein umfangreiches Computermodell entwickelt, welches wir mit geodynamischen Daten gefüttert haben. In Kombination dazu haben wir Paläo-Klimadaten analysiert und Simulationen mit einem globalen Kohlenstoffkreislauf-Modell durchgeführt", erklärt Dr. Jörg Hasenclever, der Erstautor der Studie, das Vorgehen des Teams. Die Untersuchungen beziehen sich dabei auf weltweit 43 Unterwasservulkane an sogenannten Hotspots und die vulkanische Aktivität entlang der Mittelozeanischen Rücken.
„Unser Ansatz hat gezeigt, dass durch die Druckabnahme an der Erdkruste ein vermehrter Lava- und Kohlendioxidausstoß stattgefunden haben könnte. Das ausgestoßene CO2 der Vulkane hat dabei womöglich dem Abfall des atmosphärischen Kohlendioxids entgegengewirkt", ergänzt Prof. Dr. Lars Rüpke vom GEOMAR.
Die Untersuchungen zeigen, dass es enge Wechselwirkungen zwischen der festen Erde und dem Klimasystem auch auf geologisch relativ kurzen Zeitskalen von 5,000 bis 15,000 Jahren geben kann. Mitautor Dr. Gregor Knorr vom Alfred-Wegener-Institut erläutert weiter: „Entsprechende Wechselwirkungen können somit einen neuartigen Baustein für die Erdsystemforschung liefern, um die Klimaentwicklung während eiszeitlicher Meeresspiegeländerungen besser zu verstehen".
Originalarbeit:
Hasenclever, J., G. Knorr, L. H. Rüpke, P. Köhler, J. Morgan, K. Garofalo, S. Barker, G. Lohmann, I. R. Hall: Sea level fall during glaciation stabilized atmospheric CO2 by enhanced volcanic degassing (2017). Nature Communications, http://dx.doi.org/10.1038/NCOMMS15867
Quelle: Geomar
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