Innenministerium Baden-Württemberg | Bildquelle: RTF.1

Stuttgart/Reutlingen:

Nach Bosch-Vorwürfen: Ministerium widerspricht Reutlinger Oberbürgermeisterin: Keine Verschleppung.

Stand: 05.07.17 17:36 Uhr

Gestern hatte die Reutlinger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch schwere Vorwürfe gegen das Innenministerium unter Thomas Strobl, CDU, erhoben: In dem Ministerium des CDU-Politikers werde Das Verfahren um die Trennung der Stadt vom Landkreis Reutlingen bewusst verschleppt. Heute hat ein Sprecher Strobls die Vorwürfe gegenüber unserer Redaktion zurückgewiesen.


Es waren scharfe, schwerwiegende Vorwürfe, die die Reutlinger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch, sekundiert vom ersten Bürgermeister Robert Hahn, auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz gestern erhob: Das Stuttgarter Innenministerium verschleppe bewusst und mit fadenscheinigen Gründen das Verfahren des vor zwei Jahren durch den Reutlinger Gemeinderat gestellten Antrags, ein eigener Stadtkreis zu werden.

Bosch hatte ihrer Empörung darüber Ausdruck gegeben, dass man Reutlingen "seit zwei Jahren hinhält. Mit aus unserer Sicht fadenscheinigen Argumenten". Die Reaktionen des Ministeriums würden "dem Vorgang nicht gerecht", ebenso entsprächen diese nicht "der üblichen Weise, wie von der Landesregierung mit solchen Vorgängen umgegangen werden muss".

Das eigentliche für den Reutlinger Antrag notwendige Verwaltungsverfahren sei durch die bisher noch nicht vollzogene, offizielle Anhörung der betroffenen Gebietskörperschaften noch gar nicht gestartet. Nicht einmal auf einen Zeitplan wolle sich das Ministerium festlegen – obwohl die Stadt per Gemeindeverordnung ein Recht darauf habe, dass sich der Landtag mit dem Thema befasse. Reutlingens Erster Bürgermeister Robert Hahn hatte den Vorgang als "eine Geschichte der Untätigkeit" bezeichnet, die "einem Landtag und einer Landesregierung nicht angemessen" sei.

Indessen hat ein Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums auf telefonische Anfrage unserer Redaktion  heute den Vorwurf bewusster Verschleppung und "fadenscheiniger Begründungen" zurückgewiesen: Bei dem Antrag der Stadt Reutlingen handle es sich um einen „ungewöhnlichen Vorgang", der deshalb "gründlichst geprüft" werden müsse, bevor das Innenministerium dem Landtag eine Empfehlung abgebe. Erschwerend sei , so der Sprecher des Innenministers, dass 2016 der "Fall Bad Herrenalb" ins Spiel gekommen sei. Die dortige Kommune will einen Kreiswechsel von Calw nach Karlsruhe vollziehen. Auch hier ist der Fall zwischen den Betroffenen Gebietskörperschaften emotional aufgeladen. Der Kreis Calw will den Wechsel nicht akzeptieren.

Grade das "Argument Bad Herrenalb" hatte in Reutlingen am Vortag für helle Empörung gesorgt: "Unglaublich" sei dies, so Hahn: "Diese Dinge sind so vergleichbar wie Äpfel mit Birnen. Das ist ein Unding". Die Stadt Reutlingen sprenge nicht die Strukturen, sondern bleibe "innerhalb der erlaubten Strukturen, die das Land kennt."

Im Innenministerium sieht man das offenbar anders. Beide Fälle – so der Sprecher heute – fielen unter den Gesichtspunkt von "sich verändernden Kreisstrukturen". Damit verbinden sich dort ganz offensichtlich auch Befürchtungen eines Flächenbrands. Befürchtungen,  die Bosch gestern zu zerstreuen suchte: Es sei wohl "so ein Baugefühl, das "manche ängstige, zu sagen: Da wollen wir lieber nicht dran". Die Achalmstadt sei aber "in einer solchen Solitärsituation, dass es sich eben nicht übertragen lässt auf andere Städte in Baden-Württemberg, die sich da dran hängen könnten".

Das Innenministerium sieht den Antrag der Stadt Reutlingen wohl aber nicht nur als ein solitäres, rein formal abzuwickelndes Verfahren: In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Ministerium hieß es: "Es müsse damit gerechnet werden, dass auch in anderen Gemeinden (...) eine grundsätzliche politische Diskussion über größere Korrekturen an der Kreisgebietsreform ausgelöst werden könnte". Deshalb bedürfe es"grundsätzlicher Überlegungen, auch bezogen auf den Umgang mit dem Antrag der Stadt Reutlingen".

Grade deshalb will man im Fall Reutlingen nach Darstellung des Ministeriums "besonders gründlich hinschauen, besprechen und prüfen".

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