Schulunterricht | Bildquelle: RTF.1

Stuttgart:

Lehrer immer kritischer bei Inklusion an Schulen

Stand: 31.05.17 11:33 Uhr

Für Befürworter der vollständigen Inklusion von behinderten Schülern an allgemeinbildenden Schulen ist es ein verheerendes Ergebnis: Die Zahl der Lehrer im Land, die für einen gemeinsamen Unterricht von nicht-behinderten mit behinderten Schülern eintreten, befindet sich im Sinkflug: eine Mehrzahl der Pädagogen fühlt sich schlecht vorbereitet, überfordert, allein gelassen. Zudem beklagen viele, dass es zu wenig Lehrer gibt. Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Karl-Wilhelm-Röhm fordert jetzt Korrekturen an dem unter Grün-Rot gestarteten Konzept: Die Inklusion müsse sich an den Voraussetzungen vor Ort anpassen. Zudem will die CDU-Landtagsfraktion, dass sogenannte Sonderschulen erhalten bleiben.


Seit 2015 ist die Zustimmung der Lehrer im Land zum gemeinsamen Unterricht von behinderten mit nicht-behinderten Kindern von 67 auf 55 Prozent gesunken – so das Ergebnis aus einer am vergangenen Montag veröffentlichten aktuellen Forsa-Studie, die der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Auftrag gegeben hat.

Die 500 befragten Lehrerinnen und Lehrer bewerten dabei ihr eigene Situation mit ausreichend bis mangelhaft. Aus Sicht des VBE-Landesvorsitzenden Gerhard Brand liegen die Gründe dafür klar auf dem Tisch. Er beklagt das das Land die Schulen nicht ausreichend unterstütze.

So wuchs die Zahl der Lehrer, die sich schlecht auf inklusiven Unterricht vorbereitet fühlen, von 17 Prozent im Jahr 2016 auf 36 Prozent in diesem Jahr an – obwohl gleichzeitig nur 16 Prozent fehlende, vom Land versprochene Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten beklagen. 17 Prozent kritisieren hingegen, dass Fachpersonal fehle, zwei Drittel, dass sich trotz der Inklusion die Klassengrößen nicht verändert hätten.

Schlechte Rahmenbedingungen hatten Brand auch schon 2015 bemängelt. Bereits zu Beginn hatte eine dieselbe Umfrage ergeben, dass Lehrerinnen und Lehrer eine mangelnde personelle Ausstattung beklagen.98 Prozent  der deutschen Lehrerinnen und Lehrer, sowie 94 Prozent im Land sprachen sich für Doppelbesetzungen aus: Für ein Tandem aus einemLehrer und einem Sonderpädagoge in inklusiven Klassen.

Einen Mangel an Lehrer und sogar einen heimlichen Abbau an Stellen hatten in jüngster Vergangenheit bereits die SPD-Fraktion und Lehrergewerkschaft GEW beklagt. Die baden-württembergische GEW-Vorsitzende Doro Moritz hatte gemahnt, dass die Schulen im Land "vor großen Herausforderungen" stünden. Die Inklusion werde die Arbeit der Sonderpädagogen ebenso massiv ändern wie die der allgemeinen Schulen.

Ein Mehr an Lehrern erscheint hält indessen die CDU-Fraktion um ihren bildungspolitischen Sprecher Karl-Wilhelm Röhm völlig unrealistisch. So hatte es bereits Ende des vergangenen Jahres wegen fehlender Grundschullehrer einen Streit von CDU-Bildungsministerin Susanne Eisenmann mit der grünen Finanzministerin Edith Sitzmann gegeben.Der Kompromiss für mehr Lehrer an den Grundschulen beinhaltet unter anderem den vorläufigen Verzicht auf den Ausbau der Inklusion.

Multiprofessionelle Teams oder ein Zwei-Pädagogen-Prinzip, so Röhm, seien derzeit mangels Ressourcen flächendeckend nicht umsetzbar. Bei inklusiven Angeboten müsse man sich deshalb  nach den jeweiligen Voraussetzungen vor Ort richten. Die CDU-Fraktion befürwortet zudem - wie 98 Prozent der befragten Lehrer in der Umfrage - den umstrittenen Erhalt der Sonderschulen. Lehrerfortbildung und das Beratungsangebot für inklusiv unterrichtende Lehrkräfte sollen hingegen gestärkt werden.

Für Röhm und die CDU ist zudem wichtig: Ein schneller Ausbau der Inklusion dürfe keinesfalls zu Lasten der Qualität von Unterricht und Schule führen.

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