März 2016: Mit dem historischen Absturz auf 12,7 Prozent erreicht auch die Krise der Bundes-SPD einen neuen Tiefpunkt. Auch in Berlin krebst die ehemalige große Volkspartei lange entlang der 20 Prozent-Marke.
Eine Entwicklung, die sich erst mit der Entscheidung für ihn ändert: Der ehemalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz wird überraschend SPD-Kanzler-Kandidat. Mit wenigen , recht vagen Worten, den Begriffen "mehr Gerechtigkeit" und "Solidarität" schießen auch die Wert der SPD wieder nach oben. Im Zeichen einer um sich greifenden Merkel-Müdigkeit, wie viele meinen, hat die SPD durch den Schulz mit rund 33 Prozent Zustimmung zur Union aufgeschlossen.
Das hat auch die langjährige SPD-Landtagsabgeordnete Rita Haller-Haid überrascht. Schulz treffe sicher "ein weit verbreitetes Grundgefühl". Er treffe, "was die Leute sich wünschen: mehr Gerechtigkeit". Vieles im Land werde mittlerweile "als nicht gerecht empfunden". Da treffe er "genau den Nerv". Auch Haller-Haid selbst freut sich. Mit der SPD gehe es jetzt wieder in eine Richtung, für die sie sich selbst immer eingesetzt habe.
Schulz stellt dabei Teile der unter Gerhard Schröder durchgesetzten Agenda 2010 mit den harten Hartz4- Reformen in Frage. Eine Mehrheit der Wirtschaftsexperten sehen diese als Motor des derzeitigen Wirtschaftsbooms und der niedrigen Arbeitslosigkeit.
Anders hingegen die Meinung vieler dazu in der SPD. Auch Haller-Haid zweifelt, ob es allein die Agenda war, die den Aufschwung gebracht hat. Den diese habe auch dazu geführt, dass man jetzt viele prekäre Jobs geschaffen habe. Zudem sei die Kaufkraft eben nicht eben gestiegen. Möglicherweise lasse sich ein wirtschaftlicher Aufschwung auch durch andere Wege befördern.
Unter Schröder, so meinen jedenfalls viele Sozialdemokraten, habe die Partei damals ihre Seele verkauft. Auch Haller-Haid hat sich "immer gewünscht, das die Ungerechtigkeiten, die durch die Agenda entstanden sind, beseitigt werden". Martin Schulz stehe genau dafür. Und das werde letztlich nicht nur der SPD, sondern auch den Menschen gut tun.
Mit der Wahl der langjährigen Gewerkschafterin Leni Breymaier zur SPD-Landeschefin hat die Südwest-SPD den von vielen Sozialdemokraten nach der historischen Wahlniederlage ersehnten Linksruck personell bereits vorweggenommen. Diese müsse, nicht wie andere, jetzt eben keinen Schwenk machen, so Haller-Haid.
Aus Sicht von Haller-Haid könnte es zur Umsetzung der "Agenda Schulz" nach den Bundestagswahlen durchaus auf eine rot-rot-grüne Koalition mit der Linken hinauslaufen. Mit dieser und den Grünen seien die formulierten Ziele am besten erreichbar. Festlegen auf eine angestrebte Regierungskoalition solle man sich aber jetzt noch nicht, meint die ehemalige Landtagsabgeordnete. Damit habe man immer "eher schlechte Erfahrungen gemacht".
Letztlich bestimme der Wähler, was dann möglich werde. In einem ist sich Haller-Haid indessen sicher: alles aber sei besser als die Große Koalition. Denn die komme letztlich immer den politischen Extremen zu gute.
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