Hans-Georg Wehling | Bildquelle: RTF.1

Eningen u.a. /Berlin:

"An Merkel satt gesehen: Tübinger Politikwissenschaftler Wehling hält Kampf zwischen Merkel und Schulz trotzdem für offen

Stand: 28.02.17 18:05 Uhr

Der Stern der scheinbar ewigen Bundeskanzlerin Angela Merkel ist aus Sicht des Tübinger Politologen Professor Hand-Georg Wehling ist im Sinken, Und dies, obwohl Merkel auf geradezu glänzende ökonomische Eckdaten verweisen kann. Die Republik habe - ähnlich wie in dem damaligen Fall von Helmut Kohl - sich an ihrem Gesicht satt gesehen. Ihr Gegner als Kanzlerkandidat, Martin Schulz, SPD, komme hingegen als erfrischende Alternative daher. Über Sieg und Niederlage sei indessen noch nicht entschieden - dabei komme es auf die völlig unkalkulierbaren Entwicklungen bis zur Wahl an, so Wehling heute gegenüber der Klarner-Medien-Gruppe.


Seit 2005 führt sie als erste Kanzlerin in verschiedenen Konstellationen die Geschicke der Republik. Und auch bei den Bundestagswahlen 2017 will es Angela Merkel noch einmal wissen. Jetzt aber trübt sich die Perspektive: Vor Wochen in allen demoskopischen Erhebungen persönlich und mit ihrer Partei dem Rest weit entglitten, hat die Kür des ehemaligen Eu-Parlamentspräsidenten Martin Schulz zum SPD-Herausforderer die Dinge auf den Kopf gestellt.

Binnen weniger Wochen hat Schulz Merkel in der Beliebtheit überflügelt und seiner Partei einen Zuwachs von rund 10 Prozentpunkten beschert. Beide Parteien liegen bei rund 30 Prozent Kopf an Kopf. Eine in der Geschichte der Demoskopie so noch nie dagewesene, erdrutschartige Veränderung, für die es emotionale, aber auch rational sehr gut nachvollziehbare Gründe gäbe, so der Tübinger Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling.

Ein Stück weit sei es einfach so, "dass man ein Gesicht nicht mehr sehen kann, wenn es 15 Jahre an der Spitze war". Darunter habe auch schon Helmut Kohl gelitten. Schulz sei da" in einer guten Situation. Er war schon in den Medien präsent, als er noch Präsident des EU-Parlaments war". Schulz müsse also "nicht bei 0 anfangen".

Schulz sei zudem als Typ geradezu "ein Gegenentwurf zu Merkel": die habe man "leid als Kanzlerin". Auf der einen Seite stehe "die kalte Psysikerin". Zu Unrecht, wenn man sich die ökonomisch überragende Bilanz ansehe. Eine Zuschreibung, die einmal ihre Stärke ausgemacht habe.Auf der anderen Seite stehe Schulz, der die Menschen anspreche, weil er Gefühle "rüberbringen könne.

Dieser scheinbare Widerspruch in der Bewertung Merkels spiegle sich sich auch darin wieder, dass rund 75 Prozent der Bürger andererseits mit Merkels Arbeit zufrieden seien.  Dieses Auseinanderklaffen sei "eine einmalige Situation", wie man sie zuvor in der demoskopischen Bewertung nicht gekannt habe. Dazu passe, dass es eine wirkliche Wechselstimmung bisher nicht gebe. 

Merkel könnte - In Zeiten einer boomenden Wirtschaft mit Rekordbeschäftigung und sprudelndsten Rekord- Steuereinnahmen eine gefühlte Gerechtigkeitslücke auf die Füße fallen. Ein Gefühl, das der taktisch begabte ehemalige mächtige Ex-EU- Parlamentspräsident mit Kritik an den harten Schröderschen Agenda 2010-Hatz4-Reformen und Rot-Grün als Verteilungsgerechtigkeit aufnimmt. Ein klassisches SPD-Thema.

Zunächst einmal habe Schulz es geschafft, die Menschen anzusprechen. Vor allem aber handle es sich dabei um die traditionellen, verlorengegangenen SPD-Wähler und die Sympathisanten der Partei. Die Frage aber sei, "inwieweit das über diesen Kreis" hinausschwappe.

Eine Siegesgarantie sei das derzeitige Stimmungshoch für den Kandidaten Schulz, der sich nicht als EX-EU Parlament, sondern als einfacher ehemaliger Bürgermeister von Würselen präsentiert, aus Wehlings Sicht aber noch nicht.

Denn es gebe "ein paare andere Themen, die wichtig werden könnten. So beispielsweise Innere Sicherheit und Terrorismus, falls bis zur Bundestagswahl noch etwas Schlimmes  passiere. Dann werde das derzeit bestimmende Thema "soziale Gerechtigkeit" wieder "hinten angestellt".

Dazu komme die unübersichtliche internationale Lage mit ihren vielen Krisenherden. In diesem Fall sei es wahrscheinlich, dass Merkel als sicherer Pfeiler inmmitten dieser Krisen wieder an Wertschätzung gewinne.

Ein weiteres Problem für Schulz werde, je näher der Wahltag rücke, sein, dass er für den von ihm angekündigten Politikwechsel eine rot-rot-grüne Koalition brauche..Und grade diese werde von rund 60 Prozent der Bürger strikt abgelehnt.

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