Winfried Kretschmann | Bildquelle: RTF.1

Stuttgart/Berlin:

Ministerpräsident Kretschmann: Brauchen Merkel als "erfahrene Krisenmanagerin"

Stand: 15.01.17 20:52 Uhr

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für unverzichtbar. "In der europäischen Krise ist Angela Merkel ein Stabilitätsanker. Wir brauchen sie als erfahrene Krisenmanagerin", sagte der Grünen-Politiker im Interview mit dem Tagesspiegel.

Selbst bei den europäischen Regierungschefs, die mit ihrem Kurs nicht einverstanden seien, genieße Merkel Autorität und Ansehen. "Wer sonst sollte Europa in so einer Situation zusammenhalten?", sagte Kretschmann. Die Kanzlerin habe ihre Linie in der Flüchtlingspolitik nicht verrraten, sagte er weiter. "Im Gegenteil. Sie verteidigt ihren Kurs auch gegen Widerstand in den eigenen Reihen. Dabei hat sie meine volle Unterstützung", sagte Kretschmann. Deutschland habe im letzten Jahr fast zwei Drittel der Flüchtlinge in Europa aufgenommen. "Wir sind das weltoffenste und liberalste Land der Welt."

Kretschmann verteidigt Abschiebungen nach Afghanistan grundsätzlich, räumt aber zugleich Skrupel ein. "Es ist Aufgabe der Bundesregierung, festzustellen, in welche Länder abgeschoben werden kann. Bislang kommt sie zum Schluss, dass Menschen aus Afghanistan in bestimmte Regionen dieses Landes rückgeführt werden können", sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel". Die Lage in Afghanistan ist nicht so, dass man skrupellos Menschen abschieben kann", sagte er weiter. Er und seine grünen Länderkollegen erwarteten von der Bundesregierung, dass sie die Lage "seriös und aktuell" beurteile. "Das liegt nicht in unserer Kompetenz und auch nicht in unserer Verantwortung", sagte Kretschmann. Die Länder hätten nur wenig Ermessensspielraum. "Der bezieht sich insbesondere auf die Auswahl der Personen, hier können wir nach humanitären Grundsätzen entscheiden", sagte Kretschmann. In erster Linie würden Straffällige und Gefährder abgeschoben.

Winfried Kretschmann hat nach dem Terroranschlag von Berlin gefordert, die Überwachung von Gefährdern zu intensivieren und die Regelungen für die Abschiebehaft zu intensivieren. "Wir sind bereit, notfalls an die Grenzen des verfassungsrechtlich Möglichen zu gehen", sagte der Grünen-Politiker im Interview mit dem Tagesspiegel". "Klar ist, dass wir uns auf die Gefährder konzentrieren müssen, die bereit sind, solche Taten zu begehen." Zugleich pochte Kretschmann auf Aufklärung. "Wir müssen schonungslos untersuchen, welches Behördenversagen und welche Gesetzeslücken dazu geführt haben, dass der Täter den Anschlag ausüben konnte. Danach müssen wir die notwendigen Konsequenzen ziehen", sagt er. Kretschmann zeigte sich grundsätzlich offen für den Einsatz von elektronischen Fußfesseln. "Über elektronische Fußfesseln kann man nachdenken. Ich werde keinen Vorschlag reflexhaft ablehnen", sagt er. Klar sei aber auch, dass ein einzelnes Instrument nicht das Problem lösen könne. "Nachteilig könnte sein, dass der Betroffene weiß, dass er beobachtet wird, wenn er eine Fußfessel tragen muss". In Frankreich sei außerdem ein katholischer Priester ermordet worden durch jemanden, der eine Fußfessel trug. "Trotzdem können Fußfesseln sinnvoll sein. Man muss das sorgfältig prüfen", kündigte Kretschmann an.

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