Biogasanlage in Engstingen | Bildquelle: RTF.1

Engstingen-Haid/Reutlingen:

Ausgelaufener Gärsubstratbehälter in Biogasanlage ohne Betriebserlaubnis

Stand: 15.01.17 14:39 Uhr

Der Unfall an einer Biogasanlage im Gewerbegebiet Engstingen-Haid hat ein Nachspiel. Das Gärsubstrat, das sind vergorene Reste von Lebensmitteln, entströmte in großen Mengen von 1.500 m³ einem Behälter, der eigentlich nicht hätte betrieben werden dürfen. Das teilte das Landratsamt Reutlingen am Abend auf einer Pressekonferenz mit. Bei einer Untersuchung im Oktober vergangenen Jahres wurden Mängel festgestellt. Ob diese Mängel allerdings die Umweltkatastrophe verursacht haben, ist Gegenstand von Ermittlungen.


Die Biogasanlage im Gewerbegebiet Engstingen-Haid ist anders als eine gewöhnliche landwirtschaftliche Biogasanlage. Es ist zum einen die größte im Landkreis Reutlingen, zum anderen wird hier keine Gülle vergoren, sondern Speisereste. Diese vergorenen Speisereste waren es auch, die am Mittwoch an sieben Gebäuden im Gewerbegebiet erheblichen Schaden angerichtet hatten.

Das Landratsamt Reutlingen überprüft die Anlage viermal im Jahr. Bei einem neu errichteten Behälter ergab eine Überprüfung im Oktober des vergangenen Jahres mehrere Mängel. Eine Betriebserlaubnis gab es daher nur unter Auflagen. "Uns ist nicht bekannt, dass die Mängelbeseitigung erfolgt ist", sagte Landrat Thomas Reumann. "Wir haben auch keine Abnahme durch einen Sachverständigen, das ist nach unserer Kenntnis nicht erfolgt, nach unserer Auffassung hätte dieser Gärsubstratbehälter nicht betrieben werden dürfen. "
 
Jetzt ermittelt die Polizei nach den Ursachen der Havarie. Sollte tatsächlich einer der festgestellten Mängel dazu geführt haben, hätte das für den Betreiber auch strafrechtliche Konsequenzen. 
 
Mittlerweile ist Gärsubstrat bei Mägerkingen in die Seckach gelangt. In der Lauchert bei Gammertingen wurden fünf tote Fische entdeckt. Ein Fischsterben befürchtet man im Landratsamt allerdings nicht. Das Gärsubstrat wurde an der Kläranlage Mägerkingen ins Regenüberlaufbecken geleitet. Von dort geriet es in die Seckach.  "Heute morgen war die Prognose: Es ist genug Luft da, zumal die Wetterprognose auch nicht so war, dass starke Regenfälle kommen und gleichzeitig noch Schmelzwasser", sagte Landrat Thomas Reumann. Doch genau das sei passiert, und damit sei das Regenüberlaufbecken übergelaufen.
 
Ein Teil des Gärsubstrats versickerte im Boden. Dort könnte es in wenigen Tagen die Trinkwasserversorgung beeinträchtigen. Eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung bestehe aber nicht.  "Die gute Nachricht ist, dass wir vom Ammonium, das wir natürlich nicht haben wollen und für das es auch in der Trinkwasserverordnung einen Grenzwert gibt, keine akute Gesundheitsgefährdung zu besorgen haben. Mit jeder Pastille, die Sie essen, nehmen Sie ungefähr 30 mg auf. Der Grenzwert des Wassers ist 0,5 pro Liter", sagte Stefan Brockmann vom Gesundheitsamt.
 
Trotzdem - auch wegen der Geruchsbelästigung - hat das Landratsamt Vorbereitungen getroffen, damit im Ernstfall direkt auf die Trinkwasser-Ersatzversorgung umgeschaltet werden kann – so dass das Gärsubstrat erst gar nicht im Wasserhahn landet. 
 
Wie hoch der Gesamtschaden ist und wer dafür aufkommt, ist nach wie vor unklar. Hier sind die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten.

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