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Sicherheit:

BKA-Präsident Münch sieht "systemische Schwachstellen" in der Terrorbekämpfung

Stand: 09.01.17 19:58 Uhr

Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, sieht bei der Terrorbekämpfung durch die deutschen Sicherheitsbehörden "systemische Schwachstellen". Im ARD-Politikmagazin "Report Mainz" kritisiert er die rechtlichen Voraussetzungen in den Bundesländern etwa bei der Beobachtung von Gefährdern.

Wörtlich sagte er: "Die Polizeigesetze in Deutschland sind uneinheitlich. Wenn Sie aber ein standardisiertes Produkt erwarten, dann sollten Sie auch das gleiche Werkzeug haben." Laut Bundesinnenministerium sind in Deutschland derzeit 549 Personen als Gefährder eingestuft.

Die von Innenminister Thomas de Mazière (CDU) angestoßene Debatte um Veränderungen in der deutschen Sicherheitsarchitektur begrüßt Münch grundsätzlich: "Diese Diskussion kann man führen, die muss man führen, das finde ich auch richtig." Als BKA-Präsident wolle er sich indes darauf konzentrieren, "in der jetzigen Infrastruktur" alles zu tun, "dass uns keine Information verloren geht und wir die richtigen Entscheidungen treffen, damit wir eine mögliche terroristische Bedrohung rechtzeitig erkennen und verhindern können".

Darüber hinaus nimmt er den Berliner Anschlag am Breitscheidplatz zum Anlass, die Arbeit der Sicherheitsbehörden selbstkritisch zu überdenken. Münch dazu wörtlich: "Wir fallen nicht jetzt in den Reflex zu sagen: Wir haben alles richtig gemacht. Genauso wie es falsch ist, schon nach wenigen Stunden von Staatsversagen zu reden, sondern wir sind damit beschäftigt, diesen Sachverhalt sehr genau aufzubereiten, die gesamte Chronologie, die gesamten Entscheidungen, die getroffen worden sind auf der Basis der dort damals vorhandenen Informationen, und natürlich daraus auch die Schlussfolgerungen zu ziehen: Was haben wir möglicherweise, hätten wir anders machen können?"

Als große Herausforderung für Behörden und Gesellschaft sieht der BKA-Präsident die Integration, aber auch die mögliche Radikalisierung von Flüchtlingen. Hier gebe es "mittelfristig ein sehr, sehr großes Risiko". Münch: "Viele darunter sind empfänglich, sie sind entwurzelt, sie suchen Halt und wir müssen aufpassen, dass sie nicht in die falschen Hände geraten."

Positiv sieht er hingegen, dass die Kriminalität unter Zuwanderern zuletzt rückläufig war. Er führt dies unter anderem auf eine geänderte Unterbringung zurück - etwa durch weniger Massenunterkünfte. Zudem weist Münch auf die Altersstruktur unter den Flüchtlingen hin: "Wir haben viel mehr junge Männer, und junge Männer fallen auch allgemein in der Kriminalitätsstatistik häufiger auf. Das heißt, bezogen auf die Zahl der Zuwanderer, bezogen auf die Struktur der Zuwanderer haben wir einen normalen Anstieg der Kriminalität in Deutschland." Grund zur langfristigen Entwarnung gebe es allerdings noch nicht. Zudem müsse auf bestimmte Personengruppen, etwa aus Nordafrika, besonders geachtet werden. Münch dazu wörtlich: "Etwa zwei Prozent der Zuwanderer kommen aus dieser Region, aber zweiundzwanzig Prozent der bei uns registrierten Straftäter. Und das heißt natürlich, wir müssen uns sehr stark darauf fokussieren, und das bedeutet auch, dass man im politischen Bereich darauf reagiert, was ja auch schon geschehen ist."

Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl hoffe er auf eine sachliche Diskussion zum Thema Innere Sicherheit "und dass wir eben nicht in einen postfaktischen Wahlkampf gehen". Damit spielt er auf die gezielte Stimmungsmache durch die Veröffentlichung von Falschinformationen an. Aktuell laufe die Diskussion allerdings nicht so, dass sich die Sicherheitsbehörden Sorgen machen müssten.

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