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Autoabgase:

EU-Kommission eröffnet Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland

Stand: 08.12.16 13:31 Uhr

Die EU-Kommission unternimmt rechtliche Schritte gegen sieben Mitgliedstaaten, weil diese keine Sanktionssysteme eingerichtet haben, die Automobilhersteller von Verstößen gegen Abgasvorschriften abhalten, oder weil sie solche Sanktionen im Falle von Gesetzesverstößen nicht angewendet haben. Unter den kritisierten Staaten ist Deutschland.

Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, gegen die Tschechische Republik, Deutschland, Griechenland, Litauen, Luxemburg, Spanien und das Vereinigte Königreich vorzugehen, da diese Länder die EU-Typgenehmigungsvorschriften missachtet haben.

 

Elżbieta Bieńkowska, für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU verantwortliches Kommissionsmitglied, stellte hierzu fest: „Für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sind in erster Linie die Automobilhersteller verantwortlich. Die nationalen Behörden in der EU müssen jedoch darüber wachen, dass die Automobilhersteller die Rechtsvorschriften auch tatsächlich einhalten. Die Kommission hat für die Zukunft Vorschläge für eine strengere Aufsicht auf EU-Ebene und ein robusteres Typgenehmigungssystem vorgelegt. Wir erwarten, dass das Europäische Parlament und der Rat rasch zu einer Einigung gelangen."

Gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2007/46/EG und insbesondere Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, die unmittelbar anwendbar ist, müssen die Mitgliedstaaten über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionssysteme verfügen, um Fahrzeughersteller von Gesetzesverstößen abzuhalten. Wird gegen ein Gesetz verstoßen, z. B. durch die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, müssen diese Sanktionen verhängt werden.

Die Kommission versendet heute förmliche Aufforderungsschreiben an die Tschechische Republik, Litauen und Griechenland, weil sie keine solchen Sanktionssysteme in ihren nationalen Rechtsvorschriften eingeführt haben. Die Kommission leitet außerdem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, Luxemburg, Spanien und das Vereinigte Königreich ein (jene Mitgliedstaaten, die Typgenehmigungen für die Volkswagen AG in der EU ausgestellt haben), weil sie ihre nationalen Bestimmungen über Sanktionen nicht angewendet haben, obwohl Volkswagen verbotene Abschaltprogramme verwendete.

Darüber hinaus vertritt die Kommission die Auffassung, dass Deutschland und das Vereinigte Königreich das Gesetz gebrochen haben, indem sie sich nach Aufforderung durch die Kommission weigerten, alle in ihren nationalen Untersuchungen gesammelten Informationen offenzulegen, die potenzielle Unregelmäßigkeiten bei den Emissionen von Stickoxid (NOx) bei Fahrzeugen des Volkswagenkonzerns und anderer Hersteller in ihrem Hoheitsgebiet betreffen.

Ein Aufforderungsschreiben ist der erste Schritt in einem Vertragsverletzungsverfahren und stellt ein offizielles Auskunftsersuchen dar. Die Mitgliedstaaten haben jetzt zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Kommission zu reagieren. Andernfalls kann die Kommission beschließen, eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln.

Hintergrund

Die Europäische Kommission beobachtet die nationalen Behörden im Hinblick auf die Überwachung und Durchsetzung der EU-Vorschriften in der Automobilindustrie sehr aufmerksam.

Nach dem derzeitigen Typgenehmigungssystem müssen sich die nationalen Behörden vergewissern, ob ein Fahrzeugmodell den EU-Vorschriften entspricht, bevor es auf dem Binnenmarkt verkauft werden kann. Ferner müssen sie Korrekturmaßnahmen ergreifen oder Sanktionen verhängen, wenn Automobilhersteller gegen diese Anforderungen verstoßen.

Die deutsche Typgenehmigungsbehörde (das Kraftfahrtbundesamt, KBA) stellte fest, dass die Volkswagengruppe gegen das EU-rechtliche Verbot der Verwendung von Abschalteinrichtungen  verstoßen hat, wodurch die Emissionskontrolle nur während der Prüfung im Labor funktionierte.

Nachdem im September 2015 bekannt wurde, dass die Volkswagengruppe eine Software als Abschalteinrichtung benutzt hat, um Emissionsnormen für bestimmte Luftschadstoffe zu umgehen, rief die Kommission die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Untersuchungen zum möglichen Vorhandensein solcher Einrichtungen durchzuführen, um die strikte Einhaltung der EU-Schadstoffemissionsnormen sicherzustellen. Die Kommission erhielt die Abschlussberichte über die Untersuchungen im Vereinigten Königreich und in Deutschland am 21. bzw. 22. April 2016. Die Kommission prüft derzeit diese Berichte und benötigt uneingeschränkten Zugang zu den verwendeten Daten und Methoden, bevor sie ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen kann.

Sie hat außerdem wichtige Schritte unternommen, um dafür zu sorgen, dass Fahrzeuge umweltfreundlicher werden und das Verbrauchervertrauen wiederhergestellt wird. Sie hat solidere und realistischere Prüfverfahren für die Messung der Emissionen sowohl von Stickoxiden (NOx) als auch von CO2 aus Kraftfahrzeugen eingeführt und eine Verordnung über die Genehmigung und Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen vorgeschlagen, durch die für bessere Qualität und größere Unabhängigkeit bei Fahrzeugprüfungen und eine verstärkte Überwachung bereits angemeldeter Autos gesorgt würde, wobei die Kommission die Möglichkeit erhalten würde, direkt Strafen gegen Automobilhersteller oder technische Dienste, die die Regeln nicht einhalten, zu verhängen.

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