LTE-Breitbandausbau | Bildquelle: Deutsche Telekom

Tübingen/Stuttgart:

Kampf um industrielle Zukunft: Der Vorsitzende der Tübinger Walter AG, Merlo, über Digitalisierung und was jetzt wichtig ist

Stand: 30.10.16 20:09 Uhr

Es ist ein Thema, das die schwarz-grüne Landesregierung und den Ministerpräsidenten seit Jahren beschäftigt: Der globale Wettlauf um die Digitalisierung, die aus über kurz als über lang zu einer Revolution im Alltagsbereich, aber besonders auch in der Wirtschaft führen wird. Aus Sicht vieler Experten ist der bevorstehende Umbruch mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert vergleichbar. Wer die verpasse, stehe am Ende auf dem Abstellgleis. Besonders die Entwicklungen im Silicon Valley rund um Apple und die Datensammler Google und Facebook und anderen bereiten Sorgen. Indessen sehen Fachleute wie der Leiter des Stuttgarter Fraunhofer Instituts für Fertigungstechnik, Bauernhansl, und der Vorstandsvorsitzende der Tübinger Walter AG, Merlo, sehen die Lage für Deutschland indessen entspannter.


Das neue Technology Center der Walter AG in Tübingen: Hier soll der Begriff der Industrie 4.0., die Digitalisierung der Produktionsprozesse Realität werden. Längst ist ein globaler Wettlauf um effektivere, bessere Fertigungsprozesse und die Vernetzung mit geographisch entfernten eigenen, aber auch nutzbaren fremden Ressourcen entbrannt.

Tief beeindruckt und alarmiert zugleich hatte sich Ministerpräsident Kretschmann im vergangenen Jahr nach einem Besuch im amerikanischen Silicon Valley, der kreativen Ideenschmiede der USA, gezeigt. 100 Millionen will Schwarz-grün deshalb allein 2017 in Digitalisierung-Infrastruktur investieren. Kretschmann warnt immer wieder davor, dass man "die erste Runde der Digitalisierung" verloren habe.

Dass, wie beim laufenden Bau vollkommen digitaler Autos, Google, Apple und Co langfristig die herkömmliche deutsche Industrie ins Auge nehmen, meint auch EU-Digital- Kommissar Günther Oettinger.  Die Amerikaner seien hier derzeit viele Schritte voraus. Man strebe eine "digitale Überlegenheit an", hinter der "eine klare Strategie" stecke. Aus dieser digitalen Überlegenheit  wolle man die entsprechenden Produkte selbst kreieren. Und damit ziele man "direkt in das Herz der deutschen, ja der süddeutschen Industrie."

Die reine "Hardware-Produktion", so die Meinung bei den Amerikanern nämlich, werde später einmal sekundär bedeutend sein.  Dass man die erste Runde der Digitalisierung verloren habe, davon sind Oettinger und Kretschmann überzeugt. Jetzt müsse man die zweite gewinnen.

Experten wie der Leiter des Stuttgarter Frauenhofer-Instuituts, Bauernhansl, oder der Vorstandsvorsitzende der Tübinger Walter AG, Merlo,  sehen indessen für die heimische Wirtschaft alles andere als schwarz. Zwar sei es richtig, "dass die Amerikaner schneller in Richtung Software" unterwegs seien. Deutschland aber sei  Meister der Umsetzung, "ein Master, was Industrie 4.0" angehe, so Mirko Merlo, der Vorsitzende der Tübinger Walter AG. Während in vielen Ländern das Thema Wirtschaft 4.0 ausschließlich inhaltsleerer Begriff sei, liefen die Dinge in Deutschland anders. Merlo sieht hier den bekannten deutschen "Pragmatismus, dieses Machen, das nicht nur reden" am Werk. Deutschland werde deshalb "an der Spitze der Entwicklungen bleiben".

Das sieht auch Thomas Bauernhans so: Hier stelle man "die Maschinen her, die technologisch führend sind. Wir sind die Fabrik-Ausrüster, wir sind in vielen technischen Bereichen wie der Automobilindustrie" führend. Deutsche Unternehmen hätten "den wichtigen Kundenkontakt, die Technologie, die Physis in der Hand". Jetzt gehe es darum, dass man sich "die Fähigkeiten" aneigne,  "um den Cyberteil aufzubauen. Wir haben alle Chancen im Wettbewerb zu bestehen".

Basis hierfür bildeten die vielen hervorragenden Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dinge, an denen die Landespolitik schon seit Jahrzehnten gearbeitet hat.  Zudem, so Merlo, gebe es eben hier viele Unternehmen, die hier bereits jetzt eng vernetzt zusammenarbeiteten. Hier rede man "nicht  nur von Konzepten und Ideen". Stattdessen gebe es bereits zahlreiche Projekte,  die die Vision der Digitalisierung konkret werden ließen. Hier, in Deutschland, kämen "Firmen und Menschen" zusammen, "weil sie gemeinsam etwas erreichen wollen".

Auf eines aber müsse Deutschland in unmittelbarer Zukunft Wert legen, so Merlo: Der Ausbau der digitalen Infrastruktur in Form hochleistungsfähiger Leitungsangebote müsse ehrgeizig vorangetrieben werden. Das Gute an Deutschland aber sei: Im Gegensatz zu anderen Ländern könne und werde sich Deutschland entsprechende Investitionen jederzeit leisten.

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