Flüchtlinge | Bildquelle: RTF.1

Zwiefalten:

Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge: Ärzte, Psycholgen und Helfer zwischen Ethik, Geld und Politik

Stand: 11.10.16 17:37 Uhr

Die Aufnahme von geflüchteten Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt bestimmt derzeit die politischen und gesellschaftlichen Diskussionen. Dabei gibt es ganz unterschiedliche, politische, ethische und gesellschaftliche Perspektiven. Eine dieser Perspektiven ist die derer, die mit traumatisierten Flüchtlingen zu tun haben: Ärzte, Psychologen, professionelle und ehrenamtliche Helfer. Am Welttag der seelischen Gesundheit haben sich Experten und Helfer zu einer Tagung in Zwiefalten getroffen. Das Thema: die Versorgung psychisch kranker Flüchtlinge.


Rund 890 000 Menschen sind im Zuge der großen Flüchtlingswelle im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen, rund 100 000 davon nach Baden-Württemberg. Viele von ihnen bringen teils dramatische Lebens- und Leidensgeschichten und Erlebnisse von Verfolgung oder Unterdrückung mit, die sich in Traumatisierungen zeigen. Eine Herausforderung für fachlich verantwortliche Ärzte, Psychologen und Helfer. Wie damit konkret im Rahmen gesellschaftlicher Vorgaben umgehen? So das Thema der 27.Tagung des Zentrums für Psychiatrische Ethik Südwürttemberg  ZfE im beschaulichem Zwiefalten auf der Schwäbischen Alb im Landkreis Reutlingen.

Ärzte, Psychologen und Helfer bewegen sich dabei oft in einem widersprüchlichen Geflecht aus ethischen, medizinischen, aber auch gesellschaftlichen Vorgaben und Stimmungen, so Gastgeber Professor Gerhard Längle von der Reutlinger Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, kurz pp.rt. Zum einen gehöre es zum beruflichen Ethos,."zu helfen, wo Not ist und kranken Menschen Hilfe zukommen zu lassen und Leid zu lindern". Das gebiete "unsere Überzeugung, unser humanistisches Menschenbild oder unser hypokratischer Eid". Eine Haltung, die aus Sicht Längles "die allgemeine menschliche Grundhaltung aller" sein sollte.

Diese Perspektive stoße aber auf reale ökonomisch-finanzielle Möglichkeiten - und  auf vom Staat vorgegebene politische Bedingungen. Man bewege sich innerhalb vorgegebener Rahmenbedingungen, im Rahmen finanzieller Vorgaben und "Regeln, die von demokratisch gewählten Politikern erlassen werden".Und auch dieser Rahmen  habe deshalb seine Berechtigung. Dabei handle es sich um Fragestellungen, die eine demokratische Gesellschaft im beständigen Diskus beantworten müsse.

Als Bürger seien alle "mitverantwortlich für das was geschieht". Längle erinnerte dabei an die aktuelle "wir schaffen das" - Diskussionen. Dabei stelle sich auch die Frage "ob wir das doch nicht schaffen". Oder: Ob man es überhaupt schaffen wolle. Und. wenn ja: "um welchen Preis". Über die politische Antwort sei hier noch nicht entschieden." . Deshalb sei es "möglich und nötig, sie zu beeinflussen".

Zu den aktuellen Problemstellungen, so ein weiterer Tenor der Tagung, gehöre auch "die Angst vor dem Fremden", das als bedrohlich empfunden werde. Flüchtlinge, die zudem noch psychisch krank und behandlungsbedfürftig seien, hätten es in der breiten öffentlichen allgemeinen Wahrnehmung von Beginn an doppelt schwer. Die seien gleich doppelt stigmatisiert: als fremde und als Kranke.  Und auch die, die sie behandelten, stößen "hier und da auf Ablehnung".

Wie man helfen wolle und in welchem Umfang, und wie die Hilfe dann aussähe, so Längle, darüber lohne es sich, wie hier bei der Tagung in Zwiefalten, nachzudenken zu diskutieren. Und gegebenenfalls lohne es sich auch, dafür zu streiten.

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