Frauen in Burka | Bildquelle: pixabay.de

Stuttgart:

Grün-Schwarz gegen gesetzliches Vollverschleierungsverbot: "Ja" zu "Nein" vor Gerichten

Stand: 13.09.16 17:09 Uhr

Die grün-schwarze Landesregierung wird sich nicht für ein gesetzliches Verbot der Vollverschleierung von muslimischen Frauen einsetzen. Das hat das Kabinett in seiner aktuellen Sitzung beschlossen. Hintergrund seien rechtliche Bedenken.Klar sei aber, dass man das öffentliche Tragen von Burka und Niqab ablehne, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann heute in Stuttgart. Indessen werde man der bayrischen Bundesratsinitiative zu einem Verbot vor Gericht und bei Polizei zustimmen


Das Tragen von Kopftüchern durch muslimische Frauen ist längst akzeptierter Bestandteil fester Bestandteil hiesiger Innenstädte. Eine Fast- oder totale Gesichtsvollverschleierung lehnt eine überwiegend Mehrheit der Bundesbürger einer aktuellen Umfrage zu Folge von über 80 Prozent ab.In Frankreich ist das Tragen von Niquab und Burka in der Öffentlichkeit bei Geldstrafe in verboten - ein vom Europäischen Gerichtshof mittlerweile höchstrichterlich bestätigtes Gesetz.

Die grün-schwarze Landesregierung wird sich hingegen trotz aktueller politischer Diskussionen nicht für eine entsprechende Gesetzesinitiative einsetzen, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann heute in Stuttgart.  Die Haltung der Koalition sei "klar. Wir leben in einer offenen Gesellschaft. Und da muss man sein Gesicht zeigen". "Gesicht zeigen" sei die Basis einer gesellschaftlichen "Kommunikationsfähigkeit".

Dass man die Vollverschleierung trotzdem nicht verbieten wolle, habe andere, praktische und rechtliche Gründe. Zum einen handle es sich faktisch um sehr wenige Frauen, die ein solches Verbot beträfe. Zum anderen würde man damit "einen neuen Gesetzeskorpus öffnen, der sich auf kleide" beziehe, so Kretschmann. "Wie man sich anzieht" gehöre hingegen "zu den guten Sitten."

Zudem wolle die Landesregierung die Vollverschleierung nicht zusätzlich aufwerten; es handle sich keinesfalls um ein vom Koran vorgeschriebenes religiöses Gebot. Regle man aber Kleidung, so träfe dies auch beispielsweise Fasnets-Narren und andere. Trotzdem werde die Landesregierung im Bundesrat einer Initiative Bayerns zustimmen, "dass man im Zeugenstand nicht verschleiert auftritt". Dasselbe gelte auch für Gerichte oder Polizeikontrollen.

In Frankreich war die Lage rund um Niquab und Burka anders eingeschätzt worden. Dort wurde von staatlicher Seite argumentiert, dass das Tragen einer Vollverschleierung die Integration behindere. Der Europäische Gerichtshof hatte dieser Sichtweise als höchste und letzte Instanz in einer Abwägung von individueller Freiheit und den Ansprüchen der Gesellschaft auf Integration zugestimmt.

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