Koran | Bildquelle: Jan-Peter Kasper/FSU

Stuttgart:

Nach Türkei-Ereignissen: Landesregierung überprüft Rolle des türkischen Islam-Verbands DITIB bei Religionsunterricht

Stand: 02.09.16 18:29 Uhr

Die Landesregierung wird ihre Zusammenarbeit mit DITIB- einem bundesweiten Dachverband türkisch islamischer Moscheengemeinden bezüglich der Gestaltung des flächendeckend geplanten islamischen Religionsunterricht überprüfen. Das gab heute Kultusministerin Susanne Eisenmann in Stuttgart bekannt. Hintergrund sind die aktuellen Ereignisse in der Türkei. DITIB untersteht der dauerhaften Leitung, Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für religiöse Angelegenheiten der Türkei. Islamwisenschaftler wie der Freiburger Abdel-Hakim Ourghi werfen DITIB vor, dass er einen konservativen Islam vertrete, der nicht zur hiesigen Gesellschaft passe.


Das Carlo Schmid-Gymnasium in Tübingen. Eines von landesweit nur 3 Gymnasien, die bereits islamischen Religionsunterricht anbieten. Bis spätestens 2018 soll landesweit ein flächendeckendes Angebot gewährleistet sein. Islamischer Religionsunterricht, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Januar 2015, solle die praktische Umsetzung des Integrationsgedankens im beste Sinne sein.

Dazu wurde damals unter Grün-Rot ein beratender Projektbeirat ins Leben gerufen, in dem die verschiedenen muslimischen Verbände repräsentiert sind - beispielsweise für die Erstellung von Bildungsplänen. Der Hintergrund:

Nach den islamistischen Terroranschlägen und wachsender Radikalisierung unter jungen Muslim auch einige radikale Imame in Moschee-Gemeinden sollte dem ein aufgeklärter Islam entgegengestellt werden. Jede Religion, so Kretschmann damals, stehe "weder hinter, unter oder über, sondern nur auf der Verfassung". Dieser Grundsätz dürfe "in keiner Weise in Zweifel gezogen werden".

Das Problem: die Ausprägung des muslimischen Glaubens in viele Richtungen in Deutschland ist vielfältig; und anders als bei den beiden großen christlichen Religionen gibt es keine zentralen Ansprechpartner. Diesem Problem wollte man mit einem beratenden Beirat entgegentreten, indem verschiedene muslimische Gruppen und Richtungen vertreten sind.

DITIB, das die bei weitem meisten Muslime in Deutschland repräsentiert, hat dabei eine Führungsrolle. Nach der sichtlich immer stärkeren Islamisierung der Türkei gibt es jetzt nicht nur im baden-württembergischen Kultusministerium Zweifel an der bisher so starken DITIB-Rolle. Diese werde jetzt mit kritischem Blick hinterfragt, so heute in Stuttgart die baden-württembergische Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann. Man sei derzeit "detailliert mit DITIB im Gespräch". Im Herbst werde man dann eine Bilanz der Gespräche ziehen "und sehen, wo wir insgesamt stehen".

Ein anderes Problem: der Unterricht soll nur durch staatlich und in Deutschland ausgebildete Islamwissenschaftler erteilt werden, ausgebildet an Institutionen wie dem Zentrum für islamische Theologie an der Uni Tübingen. Fakt aber ist: Absolventen für islmischen Schulunterricht gibt es insgesamt noch immer viel zu wenige.

Hier lierge man derzeit lediglich bei einem Deckungsgrad von unter 2 Prozent, so Eisenmann. Ziel müsse aber natürlich ein flächendeckendes Angebot sein. Eisenmann sei derzeit mit Wissenschaftsministerin Theresia Bauer über eine Erhöhung der in Tübingen angebotenen Studienplätze im Gespräch. Dafür dass die dort ausgebildeten Imame aber auch als islamische Religionslehrer in Frage kommen, sind weitere Schritte erforderlich. Das Kultusmisterium denkt über ein zweisemestriges Aufbau-Studium nach.

Ziel ist , dass auch an den Schulen ein aufgeklärter Islam Einzug hält, der, wie beim evangelischen und katholischen Religionsunterricht, die gelehrte Religion auf den Boden der Verfassung stellt – um so dem Missbrauch durch Radikale oder anders geleitete Interessen entgegenzuwirken.

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