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Karlsruhe / Köln:

Bundesverfassungsgericht untersagt Live-Schaltung mit Erdogan in auf Köln-Kundgebung

Stand: 31.07.16 00:13 Uhr

30.07.2016. Das Bundesverfassungsgericht hat heute eine Beschwerde gegen das Verbot einer Live-Zuschaltung türkischer Politiker auf der Pro-Erdogan-Kundgebung in Köln zurückgewiesen. Das teilte das Bundesverfassungsgericht in einer Presse-Info mit. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Die Abweisung der Klage erfolgte dabei aus formalen Gründen: Die von den klagenden Anwälten vorgelegte Vollmacht war nicht vollständig. Allerdings, so das Bundesverfassungsgericht, hätte die Klage auch bei einer Zulassung keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Der Kölner Polizeipräsident hatte eine Live-Zuschaltung Erdgoans oder anderer türkischer Politiker zur Pro-Erdogan-Kundgebung " am 31. Juli 2016 zum Thema Militärputsch in der Türkei" verboten.

Die Pro-Edogan-Kundgebung soll dem türkischen Präsidenten Unterstützung nach dem vor wenigen Tagen niedergeschlagenen Militärputsch demonstrieren. Allerdings bezeichnen türkische Oppositionelle und deutsche Politiker die Maßnahmen Erdogans nach dem Militärputsch als "Gegenputsch".

Grünen-Chef Özdemir und Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann sprechen von einer "Zivilen Diktatur" Erdogans. Auf Anweisung der türkischen Regierung wurden nach dem Putsch zehntausende von Menschen verhaftet, supendiert oder entlassen.Pressefreiheit gebe es in der Türkei nicht mehr. Gleichzeitig wurden hunderte Zeitungen, TV- und Radiosender  geschlossen  und Haftbefehle gegen mehrere Dutzend Journalisten ausgestellt. 

Medienberichten zufolge habe der Kölner Polizeirpäsident auch den Vor-Ort-Auftritt des türkischen Außenministers verhindern können. Nun spricht dem Vernehmen nach der türkische Sportminister auf der Kundgebung.

Zuvor hatten das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen 15 B 876/16) und dasVerwaltungsgericht Köln (Aktenzeichen 20 L 1790/16) am 29. Juli 2016 eine  LiveSchaltung türkischer Politiker auf der Pro-Erdogan-Kundgebung verboten. Mit der Klage beim Bundesverfassungsgerichts sollte diese Entscheidung aufgehoben und "die aufschiebende Wirkung des Antrags vom 29. Juli 2016 bzw. der Klage vom 29. Juli 2016  wiederhergestellt werden.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde vom Bundesverfassungsgericht einstimmig abgelehnt. In der Begründung heißt es: "Der Antrag ist bereits unzulässig, weil die Vollmacht der Rechtsvertreter des Antragstellers nicht den Erfordernissen des § 22 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG entspricht."

Im Übrigen werde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, w"eil eine Verfassungsbeschwerde in gleicher Sache nach dem Vorbringen des Antragstellers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätte."  Es sei  "danach nicht ersichtlich, dass die angegriffenen Entscheidungen Grundrechte des Antragstellers verkannt hätten."

Bereits nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Münster hatte der Kölner Polizeipräsident Mathies  die Versammlungslage als schwieriger geworden bezeichnet. "Wir werden alles dafür tun, dass es friedlich bleibt", sagte Mathes.

Die Anforderungen an die Polizei Köln seien nach den jüngsten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zu den angemeldeten Versammlungen am Sonntag enorm gestiegen, teilte die Kölner Polizei in einer Presse-Info mit: " Im Zuge der veränderten Sicherheitslage wird die Zahl der eingesetzten Polizistinnen und Polizisten um weitere 400 auf insgesamt 2700 aufgestockt. Polizeipräsident Jürgen Mathies äußerte sich am Samstagnachmittag, 30. Juli, noch vor Bekanntwerden der Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung,  zu der veränderten Sicherheitslage.

Im Einzelnen nahm Kölns Polizeipräsident Mathies dabei "zu zwei wesentlichen Änderungen" Stellung, der Zulassung der Gegendemonstration von "Pro NRW", und der Entscheidung, keine Live-Schaltung türkischer Politiker auf der Pro-Erdogan-Versammlung zuzulassen:

Matthies sagte: "Das OVG Münster hat den Aufzug des Bündnisses um Pro NRW bestätigt. Ich nehme diese Entscheidung zur Kenntnis, gegen die ich keine weiteren Rechtsmittel mehr einlegen kann. Meine Einschätzung der Gefahren, die aus einem Aufzug resultieren, bleibt aber unverändert", so Matthes.

Die Anmelderin der Versammlung um Pro NRW sei aktuell nicht erreichbar. Das für den Aufzug erforderliche Abstimmungsgespräch werde  spätestens vor dem Start des Aufzuges am Kölner Hauptbahnhof erfolgen. Mathies äußerte sich besorgt aber entschlossen: "Wir werden konsequent mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln alles tun, um Auseinandersetzungen mit Teilnehmern anderer Versammlungen und Ausschreitungen zu verhindern".

Das Oberverwaltungsgericht  Münster hatte  in einer weiteren Entscheidung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts  Köln zur Nutzung der Videowand auf der Deutzer Werft bestätigt: Die Videowand darf demnach nicht für die Übertragung von Redebeiträgen aus dem Ausland genutzt werden. Die Nutzung ist auf die Bildübertragung von Personen beschränkt, die an der Versammlung vor Ort teilnehmen. PP Mathies: "Ich begrüße es, dass auch das Oberverwaltungsgericht Münster meine Einschätzung teilt und die Nutzung für die Fernübertragung verboten hat." Nach den beiden Gerichtsentscheidungen hatte der Rechtsbeistand des Versammlungsanmelders das Bundesverfassungsgericht angerufen. 

Mit Blick auf ein mögliches Verbot der Versammlung auf der Deutzer Werft erklärt Polizeipräsident Mathies: "Ich habe gestern bis in die späten Abendstunden und am heutigen Vormittag viele Gespräche geführt. Wir haben die Versammlungs-, Gefährdungs- und Kräftelage erörtert. Ein Verbot der Versammlung kommt nach Bewertung der Gefährdungsaspekte und insbesondere vor dem Hintergrund der Kräfteaufstockung rechtlich nicht in Betracht.  

Die Regierung Erdogan hatte unlängst hochrangigen Vertreten der Bundsregierung den Besuch von Bundeswehreinheiten verboten, die auf dem türkischen Militärstützpunkt Incirik stationiert sind. Auch eine Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages hat bislang noch keine Besuchsgenehmigung.(Polizei Köln / KM / Bundesverfassdungsgericht) .

Das Besuchsverbot  für Incirlik folgte auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages, die in den Jahren 1915 und 1916 an der armenischen Bevölkerung durchgeführten Massaker und Todesmärsche als Völkermord zu bezeichnen. Bei dem von Armenien als "Aghet" (Katastrophe) bezeichneten Genozid sollen Schätzungen zufolge zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Armenier ums Leben gekommen sein. Der Genozid fand noch im Osmanischen Reich, dem Vorgängerstaat der heutigen Türkei, unter jungtürkischer Regierung statt.

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