Istanbul | Bildquelle: Pixabay.com

Türkei / Deutschland:

Gescheiterter Militärputsch: DVJ-Chef Überall fordert für türkische Journalisten Meinungsfreiheit & Pressefreiheit ein

Stand: 19.03.19 21:13 Uhr

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Bundesregierung auf, nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei gegenüber dem türkischen Präsidenten auf die Einhaltung der Presse- und Meinungsfreiheit zu pochen. DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall begrüßt die Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am heutigen Sonnabend sagte, Deutschland stehe "an der Seite all derjenigen in der Türkei, die die Demokratie und Rechtsstaat verteidigen". Dies seien, sagte Überall, in erster Linie die Journalisten.

Türkische Journalisten könnten unter noch stärkeren Druck geraten

Überall sagte wörtlich: „Das sind in erster Linie die Journalistinnen und Journalisten, die sich seit Jahren für das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen." Es sei jedoch zu befürchten, dass die Kollegen jetzt unter noch stärkeren Druck geraten könnten, wenn Erdogan mit harter Hand nicht nur gegen tatsächliche oder vermeintliche Terrorunterstützer und Beleidiger vorgeht, sondern auch gegen angebliche Unterstützer des Putsches in den Redaktionen.

Überall, der bis Mitte der Woche noch in Istanbul war und mit Journalisten von oppositionellen Zeitungen und Fernsehsendern sowie Vertretern von Mediengewerkschaften gesprochen hat, hielt mit vielen Kolleginnen und Kollegen in der vergangenen Nacht Kontakt. Nach der Niederschlagung des Putsches sei zu befürchten, dass ihre ohnehin schon schwierige Situation eher schlechter als besser würde. Ein Indiz dafür sei die Ankündigung Erdogans, mehr als 2.000 Richter entlassen zu wollen. „Wenn das jetzt der Durchmarsch zur Präsidialdiktatur wird, darf die Bundesregierung nicht tatenlos zusehen", fordert der DJV-Vorsitzende.

Journalismus ist kein Verbrechen

„Die Bundesregierung, die Öffentlichkeit und wir Journalistinnen und Journalisten dürfen nicht müde werden, die Pressefreiheit in der Türkei immer wieder aufs Neue einzufordern." So lautet das Fazit, das DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall am vergangenen Mittwoch von seinem Solidaritätsbesuch in Istanbul gezogen hat. Überall hatte sich wenige Tage vor dem Putschversuch in der Türkei aufgehalten.Zusammen mit mehreren Journalisten aus Deutschland sprach Überall dabei mit zahlreichen Kollegen oppositioneller Medien in Istanbul.

Die türkischen Kollegen dankten dem DJV-Vorsitzenden dafür, dass der Deutsche Journalisten-Verband wiederholt auf ihre Situation aufmerksam gemacht und die Pressefreiheit in der Türkei eingefordert hat. Von der deutschen Bundesregierung erhoffen sich die regimekritischen Journalisten, dass die Kanzlerin und der Außenminister noch stärker als bisher von der Regierung in Ankara das sofortige Ende aller Zwangsmaßnahmen gegen Journalisten verlangen.

Massive, willkürliche Verfolgung von Journalisten

Überall sagte: „Es ist bedrückend zu sehen, dass Kolleginnen und Kollegen massenweise willkürlich verfolgt werden, nur weil sie professionell ihren Job machen." Darüber dürfe Berlin nicht zur Tagesordnung übergehen.

Die oppositionellen türkischen Zeitungen druckten, so Überall,  aus gegebenem Anlass vergangene Woche ein Banner auf ihren Titelseiten mit dem Slogan: „Journalismus ist kein Verbrechen." Der DJV stellt das Banner in deutscher Übersetzung zur Verfügung und empfiehlt dessen Publikation in Medien und auf Internetseiten.

Aufmerksamkeit hilft

"In Deutschland Journalist zu sein ist manchmal ziemlich anstrengend. In der Türkei Journalist zu sein ist dagegen brandgefährlich", schrieb Überall am 13. Juli 2016 in einer Pressemitteilung - als Kommentar zum Zustand der Pressefreiheit in der Türkei: "Kolleginnen und Kollegen werden willkürlich von der Justiz verfolgt. Wenn sie sich morgens auf den Weg zur Redaktion machen, müssen sie ständig Angst haben, am Abend im Gefängnis zu sitzen oder arbeitslos zu sein." Das autoritäre Regime von Präsident Erdogan und der AKP-Partei gängele Medienvertreter und –häuser, die nicht im gewünschten Mainstream berichten.

Bei einem Besuch von Oppositionszeitungen in Istanbul habe er Menschen kennen lernen dürfen, "die gelernt haben, mit dieser ständigen Angst zu leben und zu arbeiten. Sie machen ihren Job allen Widrigkeiten zum Trotz." Die türkischen Jpurmnalisten-Kollegen  wünschen sich Überall zufolge, "dass nicht nur der DJV öffentlich die Stimme erhebt, wenn wieder einmal jemand unter fadenscheinigen Begründungen hinter Schloss und Riegel gebracht wird."

Weiter heißt es: "Die Journalistinnen und Journalisten in der Türkei brauchen unsere Solidarität –" . Das tue auch der türkischen Gesellschaft gut, die die Presse- und Meinungsfreiheit in ihrem Land gegen heftige Angriffe verteidigen müsse: "Jede Aufmerksamkeit für die Willkür-Entscheidungen von Erdogan & Co. hilft den betroffenen Journalisten vor Ort. Wir bleiben dran!", sagte Überall. (DJV / KM)

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